Allein im Büro

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H.-H. Skolem
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Registriert: Di 2. Sep 2025, 18:15

Allein im Büro

Beitrag von H.-H. Skolem »

Wieder einer dieser Tage, dessen Trägheit nicht vergeht. An dem man einfach nur abarbeitet, was sich so aufgestaut hat. Papierkram, Büromaterialbestellung, mit dem Vertreter der neuesten Sargmodelle telefonieren. Dazu das ein oder andere Kundengespräch. Zwischendurch kaum genug Zeit für einen Snack. Inzwischen sind sie alle bereits nach Hause gegangen - Bob, Barry und Cathrin. Klar, es ist ja auch bereits spät.

Wieder eine dieser Nächte, von denen er genau weiß, dass er kaum ein Auge zumachen wird. In denen er im Büro seines Beerdigungsinstituts am Schreibtisch sitzt, dessen unterste Schublade er in regelmäßigen Abständen öffnet, nur um eine grüne Flasche herauszuholen. Gedankenverloren dreht Skolem den Jameson in der Hand, bis er sich das Glas vor ihm erneut vollgießt. Im Hintergrund läuft ruhige Pianomusik, etwas von Ludovico Einaudi.

https://www.youtube.com/watch?v=pvF9bdt ... rt_radio=1

Skolem schnippt einen Tropfen auf den Zimmerboden und flüstert
"Ich trink auf dich mein Freund
Auf jeden Tag aus unserer Zeit
Auf das was geht und das was bleibt.
Ich trink auf dich mein Freund
Ich heb auf dich mein Glas
Auf das was kommt und das was war."

Kaum sind die Worte gesprochen, trocknet die Stelle auf dem Boden. Nichts, kein Rand, kein Fleck, aber auch wirklich gar nichts bleibt zurück. Eine einzelne Träne rinnt seine Wange hinunter, weil er weiß: "ja - nichts bleibt. Nichts hat Bestand." Sein Blick gleitet durch das Büro, bleibt auf einem Gruppenphoto seiner Mitarbeiter hängen. "Und vieles fängt nicht einmal an."

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