Emerald City

„Dann solltest du mit den Verbena sprechen.“, antwortete Liam. „Elena Black hat erwähnt, dass die Verbena Zugang zu einem Knoten in Seattle haben. Ich hab allerdings keinen Kontakt den ich dir geben kann. Ich hatte bisher mit Niemanden aus dieser Tradition zu tun.“
Und er hatte gerade jede Menge andere Baustellen. Was genau diese Knoten waren und wie man sie benutzte stand nicht ganz oben auf seiner To-Do Liste. Auch wenn Lontra da sicher anderer Meinung war.
Liam zuckte unsicher mit den Schultern.
„Darüber habe ich auch nachgedacht und ich bin zu vielen möglichen Erklärungen gekommen. Jeder der einen Vorteil daraus ziehen würde, dass der Konflikt mit den Garou weiter eskaliert könnte für seinen Tod verantwortlich sein. Vielleicht in der Hoffnung dauerhaft Zugriff auf einen oder mehrere Knoten zu bekommen indem er alle anderen zwangsweise zu Komplizen in seinem Angriffsplan macht. Oder Jemand der etwas dabei gewinnt, wenn alle anderen Zugriff auf die Knoten verlieren, weil er oder sie möglicherweise nicht davon betroffen ist.“, fasste er seine Gedanken dazu zusammen.
„Oder Jemand der rücksichtslos genug ist einen Mord zu begehen um Yubilée durch die Werwölfe aus dem Verkehr ziehen zu lassen. Und natürlich Yubilée selbst um sich den Konsequenzen ihres Handelns zu entziehen.“
Er stippte mit dem Zeigefinger ein paar Schneckenkrümel vom Teller. Nichts umkommen lassen. Schon gar nicht von so leckerem Gebäck.
„Hifumi war bei dem Treffen dabei soweit ich weiß. Vielleicht hat sie Zeit uns den Ort zu zeigen.“
Er seufzte leise.
"Die Situation ist ziemlich verfahren."

Langsam wiederholte Maddy all die Namen, die Liam genannt hatte. Vielleicht fiel es ihr dabei leichter, sie zu behalten. Letztendlich griff sie aber doch zu Stift und Papier. Langsam schrieb sie mit, was Liam ihr sagte, und sie lauschte seinen Worten, versuchte zu verstehen, was er ihr alles erzählte. Aber sie musste sich eingestehen, dass sie das nicht tat. Wieder lächelte sie schief. „Liam! Nicht so schnell. Ich versteh das alles nicht.“

Ihr Kugelschreiber tippte nach und nach auf die Worte, die sie gerade niedergeschrieben hatte.
Verbena … Tradition … was machen die?
Elena Black ???
Garou ??? Auch eine Tradition?
Knoten!!! Was passiert wenn jemand auf die Knoten Zugriff hat? Was passiert, wenn jemand auf mehr als einen Knoten Zugriff hat? Geht das überhaupt? ….. !!!
Yubilée ??? – verkehrtes Handeln! Taktik?
WERWÖLFE!!!!!! Witz, oder?
…. Hifumi …

Als Ihr Kugelschreiber bei dem einzelnen Wort Hifumi ankommt, tippt sie einige Male darauf, lässt den Kugelschreiber zwischen Zeige- und Mittelfinger hin- und herwippen. Ein kaum merkliches Lächeln zeigt sich auf ihren Lippen, das genauso schnell wieder verschwunden ist, wie es aufkam. „Das mit den Knoten krieg ich raus!“ Maddy nickte zuversichtlich. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass Mr. Houdin mir dabei helfen kann!“ Dann kaute sie zaghaft auf der Unterlippe. „Hmm…. Wir sollten zu Hifumi gehen. Und meinst Du, ich sollte mal zu dieser Elena Black Kontakt aufnehmen?“ Mit großen Augen sah sie zu Liam. Sie war sich ihrer Sache nicht sicher. Einfach so bei Fremden auftauchen, das war nicht ihr Ding!

„Entschuldige. Ich weiß es ist viel. Viel und verwirrend.“
Er folgte der Bewegung ihres Stiftes fast automatisch über die aufgeschlagenen Seiten. Es war ein Automatismus. Er konnte Worte die er sehen konnte nicht einfach nicht lesen und den Sinn dahinter ignorieren.

„Garou ist keine Tradition. Es ist die Selbstbezeichnung die die Werwölfe für sich nutzen.“
Er schüttelte mit einem schiefen Lächeln den Kopf und seufzte.
„Es würde viele Dinge viel einfacher machen, wenn das einfach nur ein Witz wäre.“
Ein Seufzer voller Frustration, Besorgnis und einem Konglomerat an Gefühlen die Liam selbst auch nicht voneinander zu trennen wusste. Es war offensichtlich, dass irgendetwas diesbezüglich an ihm nagte.

Nachdenklich schüttelte er nach einem Moment den Kopf.
„Ich weiß nicht ob sie dir mehr erzählen würde als mir. Letztendlich hat sie mich mit dem ganzen Thema zu Hifumi geschickt, und mein Eindruck war, dass Elena Black erwartet, dass wir wenn dann mit ihr zusammenarbeiten.“
Wieder wanderte sein Blick über das Blatt Papier.
„Gibt’s irgendwas das ich nochmal wiederholen soll?“

"Es gibt sie also wirklich?" Maddy sah Liam sehr irritiert an. "Ich dachte das wäre ein Witz!" Maddy war nicht entgangen, dass ihn das Thema beschäftigte. Sie legte den Kopf prüfend auf die Seite und musterte Liam, als könnte sie dadurch besser sehen was ihn bewegte, gab sich dann aber doch einen Ruck.

"Bist DU etwa ein Werwolf?"

Neugierig betrachtete sie ihn. Die Frage klang fremd in ihren Ohren und noch vor 5 Minuten hätte sie gedacht, dass sie so etwas niemals für möglich gehalten hätte. Aber die Antwort war wichtig für sie. Warum konnte sie allerdings nicht sagen.

Diese Frage überlagerte gerade alles. Alle anderen Fragen und alles andere, was sie beschäftigte, rückten in den Hintergrund. Sie hatte Fragen, viele Fragen, aber die konnten warten!

„Ich? Nein. Das ist ja das Problem.“, antwortete er und bereute im selben Moment wie missverständlich er das formuliert hatte. Aber in diesem Augenblick hatten sich seine Emotionen einfach selbstständig gemacht und waren mit seinen Worten davongerannt.
„Warte, das klingt falsch. Lass mich… lass mich anders anfangen.“

Er atmete einmal tief durch und bemühte sich seine Gedanken zu ordnen.
„Es ist so dass… mein Stamm… mein Stamm hat…“
Es fühlte sich noch immer absurd an das laut auszusprechen.
„… eine Tendenz dazu Werwölfe hervorzubringen. Es gibt keine anderen Magi in meinem Stamm außer mir und… naja, Werwölfe sind nicht gerade große Fans von uns.“

Er seufzte bedrückt.
„Ich hab mich lange nicht mehr so einsam gefühlt, weißt du. Plötzlich sind da Leute von denen du dachtest, dass sie Teil deiner Familie sind… Also nicht Teil deiner Blutsfamilie aber Teil von… etwas von dem du auch ein Teil bist… Und betrachten dich als Fremdkörper. Mehr noch… eigentlich sogar als Feind. Sie werfen dir tausend Dinge vor die andere Magi getan haben die du weder verstehst noch selbst getan hast, oder erwarten Dinge von dir die du nicht tun oder sein kannst und… damit bist du dann allein. John war in derselben Position… aber ihm hat man vertraut. Und weißt du was das Schlimmste ist… sie haben Recht damit. Sie haben einfach Recht damit. John ist tot und Niemand hat etwas unternommen. Die Magi... wir wenn du so willst... haben uns ihren Zorn wirklich mehr als verdient.“
Ein freudloses Lächeln huschte über sein Gesicht als er in einer Geste absoluter Hilflosigkeit mit den Schultern zuckte. Er hatte keine Ahnung was er tun, oder wie er damit umgehen sollte. Also tat er das einzige das er wenigstens versuchen konnte: Johns Mörder zu suchen.

Tiefe Zuneigung durchspülte Maddy. Sie wusste wie er sich fühlte, wenn auch auf einer anderen Ebene. Auch sie war alleine, alleine auf dieser Welt und alleine mit all den neuen Entdeckungen und Eindrücken, die sie regelrecht überfluteten. Wäre die Theke nicht zwischen ihnen gewesen, sie wäre einen Schritt nach vorne getreten und hätte ihn sehr herzlich und verständnisvoll in den Arm genommen. Stattdessen legte sie den Stift zur Seite, griff nach seiner Hand, drückte sie und sah ihn freundlich lächelnd an. "Liam, ich werde Dir helfen! Wir finden gemeinsam heraus was passiert ist. Du bist damit nicht alleine! Ich werde Dir beistehen!" Dann wurde ihr Lächeln unsicher und sie zog ihre Hand wieder weg. Maddy legte den Stift in das Tagebuch, klappte es zu und sagte bestimmend. "Ich weiß nicht, wer diese Elena ist, aber ich sollte mich wohl einmal vorstellen gehen, hm? Wenn sie sagt, dass diese Verbana Zugang zu einem Knoten haben, dann wird sie auch wissen, wen wir dazu ansprechen können oder?" und sie nickte entschlossen, auch wenn ihr Bauch etwas flau wurde bei dem Gedanken einfach zu dieser Elena zu gehen. Aber sie ließ sich nichts davon anmerken.

Etwas weniger entschlossen schossen die folgenden Frage hinterher: "Und Du kannst entweder Magus oder Werwolf sein? Oder geht das auch beides?"

Maddys mitfühlende Geste brachte ein klein bisschen Zuversicht in Liams Gesicht zurück und er ließ sich zu einem blassen, aber ehrlichen Lächeln hinreißen.
„Danke Maddy. Ich kann wirklich Hilfe gebrauchen.“
Die Sache war einfach zu groß um sie alleine zu stemmen. Und es stand zu viel auf dem Spiel um aus falsch verstandenem Beschützerinstinkt ihre Hilfe auszuschlagen. Nicht qualifizierte ihn mehr als Madison besser mit diesem Problem umzugehen zu können. Und ihn qualifizierte im Grunde genommen auch schon garnichts.
„Es wär super wenn du versuchen könntest da einen Kontakt herzustellen. Ich will noch mal mit Johns Mentorin zu sprechen. Vielleicht kann sie mir noch was dazu sagen.“
Und dazu warum sie selbst bisher nichts in dieser Sache unternommen hatte… Diese Frage brannte ihm ganz besonders auf den Lippen.
Schließlich schüttelte er nachdenklich den Kopf.
„Ich weiß es natürlich nicht sicher, aber mir kommt es vor als seien das zwei Dinge die sich ausschließen.“
Eine Annahme die nicht wirklich auf Fakten eher auf Eindrücken beruhte. Darauf wie unvereinbar diese zwei Dinge zu sein schienen. Ein leises Seufzen fand den Weg über seine Lippen.
„Ich hab das Gefühl ich komme immer nur her um mich zu beschweren. Ich schwöre ich komme für dich und den Kuchen!“