Sternenkäfer (Mateo, Press)

[Mateo]

Mateo wollte gerade etwas zu Harry Potter sagen – vielleicht ein lockerer Spruch, vielleicht ein Vergleich, der die Stimmung aufhellt. Doch dann sah er, wie Press die Tränen kamen.

Er verstummte sofort.
Nicht aus Unsicherheit, sondern aus Respekt.

„Hey… tut mir leid,“ sagte er leise.
„Ich wollte keine Wunden aufreißen.“

Er griff in die Innentasche seiner Jacke, fingerte eine zerdrückte Packung Tempo hervor, zog ein Taschentuch heraus und reichte es ihm wortlos.

„Ich hab nur gefragt, weil solche Dinge oft nach etwas Schwerwiegendem kommen. Nach was, das einen durchrüttelt.“

Mateo sah kurz zur Seite, als müsste er sich sammeln, dann wieder zu Press.
„Bei mir war’s so. Ich wurde von ein paar rassistischen Bastarden fast gekillt. Einfach so. Weil ich war, wer ich bin.“

Seine Stimme blieb ruhig, aber da war etwas darin – ein Schatten, der nicht laut wurde.
„Ich lag in einer Kapelle. Irgendwo zwischen Bewusstsein und… nichts. Und ich hab gemerkt, wie das Leben aus mir wich. Ganz langsam. Wie Wasser, das durch die Finger rinnt.“

Er atmete einmal tief durch.
„Aber ich bin nicht gestorben. Nicht ganz. Stattdessen hat sich was verändert. Nicht nur in mir. Die Welt hat sich verändert. Oder… ich hab sie anders gesehen.“

Ein kurzer Blick zu Press.
„Ich bin gestorben. Nur um neu geboren zu werden.“

[Presston Caldwell]

„Oh“ antworte er.

Wischte mit dem Taschentuch seine Tränen weg.
Blickte ihn mir leicht geröteten Augen an.

„Aber du bist ja noch hier.
Sie haben dich nicht gebrochen.“

Antwortete der Dicke dann erstaunlich empathisch.

„Möchtest du darüber reden ?“

Die Bemerkungen des Inneren Beobachters, zu dieser Frage, überhörte er einfach.
Er lenkte nicht von seinen eigenen Problemen ab, sondern nahm sich Matteos Gefühlen und Verletzungen an.

[Mateo]

Mateo nickte langsam.
„Ja. Ich bin noch hier.“

Sein Blick war ruhig, aber fest.
„Und sie haben mich nicht gebrochen. Wenn sie mich gebrochen hätten, hätten sie gewonnen. Und das… werde ich nicht zulassen.“

Er lehnte sich leicht zurück, die Hände um seinen Becher geschlossen, obwohl der längst leer war.
„Ganz im Gegenteil. Sie haben mir geholfen. Nicht freiwillig, nicht bewusst – aber im Endeffekt haben sie mich neu erweckt.“

Ein kurzes Schweigen.

„Es gibt da nicht viel zu reden. Ein Haufen rassistischer Wichser, die sich allein nicht an mich rantrauten, haben sich im Rudel stark gefühlt. Sie haben mir aufgelauert. Ich war nicht schnell genug.“

Mateos Stimme blieb ruhig, aber da war etwas in ihr – wie ein Stein, der nicht mehr brennt, aber noch warm ist.
„Sie haben auf mich eingeschlagen. Irgendwann hatte einer ein Messer. Ich weiß nicht mehr, wie ich’s geschafft hab, aber ich hab mich in eine Kapelle geschleppt. Mit letzter Kraft. Und dort hab ich gebetet. Mit meinem letzten Atem. Einfach nur… gebetet.“

Er sah kurz zur Seite, als würde er die Szene noch einmal durchleben.
„Und scheinbar wurden meine Gebete erhört. Ich bin nicht gestorben. Aber etwas in mir ist gestorben. Und etwas anderes wurde geboren.“

Ein leises Lächeln, nicht stolz, nicht bitter.
„War es traumatisch? Ja. Aber ich hab meinen Frieden damit gemacht. Gottes Wege sind unergründlich. Und das war meine Prüfung.“

Dann sah er Press wieder direkt an.
„Aber die viel wichtigere Frage ist: *Willst du darüber reden?*“

Sein Ton war weich, aber klar.
„Ich gelte als guter Zuhörer und manchmal ist es einfacher mit einem Fremden zu reden.“

[Presston Caldwell]

Press hörte Matteos Geschichte, nickte.
Er hatte das Gefühl, dass Matteo das Thema nicht vertiefen wollte.

Dummerweise hatte auch Press keine Lust, seine ganze Geschichte zu erzählen.
Dazu war das alles noch zu frisch und noch dazu strafbar.

Gleichzeitig ärgerte er sich über sich selbst.
Matteo schien mehr darüber zu wissen, was mit ihnen geschah.
Vielleicht konnten sie einander helfen.
Einfach ein bisschen Vertrauen.
Weniger Verdrängung.
Mehr Erkenntnis.

Ne Art Selbsthilfegruppe für Realitätshacker und Teilzeit-Jedis.

Doch es ging nicht - und so schüttelte er den Kopf.
Verschränkte die Arme vor der Brust.
War einfach unfähig, dass Grauen in Worte zu fassen.

„Nee …“ antwortete er schief.

Eine lange unnötige Pause entstand.

Dann grinste er schief.

„Sollen wir vielleicht schreiben?“
„Hast du Element X, Signal, Threema oder Telegramm oder so was ?“

Er sah ihn schief an - das war vielleicht einfacher.

[Mateo]

Mateo zuckte leicht mit den Schultern, sein Blick blieb ruhig.
„Klar. Das ist nur ein Angebot. Du musst dich zu nichts gedrängt fühlen.“

Er zog sein Handy aus der Jackentasche, entsperrte es, tippte kurz herum.
„Ich hab Telegram, Viber, Facebook Messenger und WhatsApp. Signal kenn ich – hab ich mal gehört, aber nie benutzt. Und das andere… keine Ahnung, sagt mir gar nichts.“

Er sah zu Press rüber, ein leichtes Grinsen auf den Lippen.
„Bin wohl eher der Oldschool-App-Typ. Auf TG können wir schreiben.“

Dann steckte er das Handy wieder weg, lehnte sich zurück.
„Manchmal ist Schreiben einfacher. Man kann nachdenken, bevor man antwortet. Oder einfach mal schweigen, ohne dass es komisch wirkt.“

Sein Ton war ruhig, fast beiläufig – aber da war etwas Echtes drin.
Ein Angebot, das stehen blieb.

[Presston Caldwell]

„Ja, weiß nicht, das ist kein einfaches Thema, fällt mir so leichter.
Nimmt mich alles ganz schön mit.
Wenn ich schreibe, sieht keiner wenn ich heule und ich hab so viel Zeit zu atmen, wie ich brauche.“

Erklärte er.

'Dir ist schon klar, dass du den Typen, gar nicht kennst' kommentierte der Innere Beobachter.
'Ja' antwortete Press in Gedanken.
'So wie dich, du warst davor auch nicht in meinem Kopf'

Er versuchte irgendwie ein Lächeln hinzubekommen.

„Du scheinst ja mit dem Ganzen schon irgendwie abgeschlossen haben.
Mein Problem ist, dass ich es nicht abschließen kann.“

Das Lächeln war nun fast da.

„Müsstest mir halt deine Nummer geben.“

Stellte er fest.

'Und deinen Namen‘ ergänzte der Innere Beobachter lautlos.

Press sog ein wenig Luft ein - Dass der immer dazwischen quatschen musste.

"Wofür hast du dich eigentlich eingeschrieben ?“

Fragte er, versuchte das Gespräch in einfachere Bahnen zu lenken.

[Mateo]

Mateo nickte langsam, fast wie ein stilles Versprechen.
„Kein Problem. Ich wollte echt keine Wunden aufreißen. Denk einfach drüber nach. Wenn du irgendwann willst und bereit bist – schreib einfach.“

Er sah kurz auf seine Hände, dann wieder zu Press.
„Ich hab das, was mir passiert ist, als Prüfung Gottes angenommen. Nicht sofort, klar. Aber irgendwann hat sich was verändert. Ich versteh nicht alles, was daraus entstanden ist. Manche Sachen sind immer noch seltsam. Aber ich fühl, dass es gut so ist. Irgendwie richtig.“

Ein kurzer Moment der Stille.
„Vielleicht macht das für mich manches leichter. Aber das heißt nicht, dass es bei dir genauso sein muss. Manche Dinge brauchen Zeit. Und manche Wunden… heilen nie ganz.“

Mateo lächelte, kratzte sich leicht am Kopf, als Press nach der Nummer fragte.
„Ja, klar. Macht Sinn.“

Er zog sein Handy raus, entsperrte es.
„Ich bin Mateo. Aber du kannst mich auch Tey nennen – so nennt mich meine Familie und meine Freunde.“

Er hielt die Hand offen.
„Wenn du mir dein Telefon gibst, trag ich die Nummer direkt ein.“

Während er wartete, fügte er noch hinzu:
„Ich hab mich für Theologie und religiöse Studien eingeschrieben. Ist vielleicht nicht das, was man erwartet, aber für mich fühlt’s sich richtig an.“

Dann sah er Press an, offen und neugierig.
„Und du? Was studierst du?“

[Presston Caldwell]

Press reichte ihm das Fairphone hinüber.
Entsperrte es, reichte es rüber.

Er nickte.

„Nennt man cognitve repraisal - führt oft zu PTG.
Das ist ne gute Strategie, um mit nem Trauma umzugehen.
Du verdrängst ja nicht - du konzentrierst dich einfach das Positive.“

Dann grinste er, diesmal ohne Anspannung

„Ich mach Psychologie.
Bin allerdings ein Meister in Prokastination - kann also noch ein bisschen dauern.

Und hast du dich schon eingewöhnt und ne Bude gefunden ?
Du kommst nicht aus Seattle oder ?“

[Mateo]

Mateo grinste zurück, ein ehrliches, leicht schiefes Grinsen.
„Scheint so, als würdest du dein Studium ernst nehmen. Klingt jedenfalls ziemlich fundiert, was du da sagst.“

Er dachte kurz nach, dann nickte.
„Ja, das hört sich richtig an. Ich versuch mich aufs Positive zu konzentrieren. Nicht, weil alles gut war – sondern weil was Gutes draus entstanden ist. Irgendwie.“

Er tippte seine Nummer ins Fairphone, speicherte sie unter *Mateo*, reichte es zurück.
„Bin erst vor ein paar Tagen angekommen. Deshalb schreib ich mich auch erst jetzt ein. Alles noch frisch.“

Er lehnte sich leicht zurück, der Becher zwischen den Händen.
„Hab ein Zimmer, aber das ist auf Dauer nix. Viel zu teuer für das, was es ist. Also… eigentlich nicht zu teuer an sich, aber halt ’ne Bruchbude. Für den Preis echt frech.“

Ein kurzes Schulterzucken.
„Ich such noch was. Die Eingewöhnung dauert. Ist alles noch ein bisschen verwirrend. Neue Stadt, neue Leute, neue Rhythmen.“

Dann sah er Press wieder direkt an.
„Ich komm aus Chicago. Also ursprünglich von den Philippinen, aber ich bin vor über zehn Jahren nach Chicago gezogen. Da war ich noch klein. Und du? Kommst du von hier?“

[Presston Caldwell]

"Dachte eigentlich es würde mir helfen, Frauen aufzureißen, aber das war ein Irrtum."

Ein schiefes Grinsen zuckte über sein Gesicht.

"Dafür müsste ich Sport machen, öfter duschen und mit fremden Leuten reden.
Alles nicht so meine Stärke."

Ein knappes Achselzucken.

„Ist aber auch so hilfreich.
Und erstaunlich logisch.
Wenn’s nur um die Theorie geht, ist es fast wie Mathe.“

„Ja, komme aus Seattle.
Bisschen weiter draußen.“

Er machte ne kurze Pause, dachte nach.

„Auf meiner Etage werden bald Zimmer frei, wenn du möchtest kann ich meine Mitbewohner fragen, ob sie dich als Nachmieter vorschlagen können. Sind halt 1260$ für ein Einzelzimmer und 1000$ für ein Doppelzimmer. Aber dafür ist es direkt am Campus und es ist alles andere dabei. Ist in der Maple Hall.“

Press musste ihm ja nicht unter die Nase reiben, dass er dem Auswahlverfahren einen kleinen Stupps geben konnte.