Emerald City

"Der hübsche Blondschopf hat recht." erklang Emeralds Stimme, der nun auch unter Deck kam. "Ich habe mich glaube ich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Emerald. Aber ihr könnt mich auch Tyson nennen, wie ihr wollt." Er breitete die Arme aus. "Da ich vermute ihr seit alle recht neu in dieser Welt, kann ich mal ein paar Fragen beantworten." er schmunzelte.

"Erstens. Niemand wird hier zu etwas gezwungen, bedroht, versenkt, abgeknallt oder anderweitig aus dem Weg geschafft.

Zweitens. Ihr alle habt die Einladung zu diesem kleinen Konzil bekommen, damit man euch in der Gesellschaft der Magier kennen lernt und ihr die anderen Magier Seattles kennen lernen könnt. Ich gehe zwar davon aus, dass nicht alle Anwesend sein werden. Aber vermutlich von jeder Tradition wenigstens ein Mitglied."

Er räusperte sich kurz. "Drittens. Wurde das Konzil nicht wegen euch einberufen, sondern wegen einer Meinungsverschiedenheit zweier Magier, die diese auf diesem Konzil in einem Certamen klären werden. Das wird ein ziemliches Spektakel. Noch irgendwelche Fragen?" Er lehnte sich an die Bordwand neben der Tür zum Deck und wartete ab.

"Alle", lachte Le Guin. "Die Fragen, auf die ich Antworten habe, kann ich an einer Hand abzählen und wäre mir dann immer noch nicht sicher." Das Lachen war irgendwo mit diesen Worten gestorben. Der Glitter seiner Sonnenbrille und die verspiegelten Gläser machten es schwer, seine Miene richtig zu lesen.

"Ich fange einmal an...", sagte er dann in scheinbar ganz lockerem Tonfall: "Wer bist du? Was sind die Traditionen? Certamen kenne ich, doch ich weiß nicht wieso. Wer wird streiten und worüber?"

Edith nickte allen mit einem fruendlichen Lächeln einmal zu als sich jeder vorstellte.

Dann ging es aber auch schon weiter von seitens Emeralds her.

Magier…ein Streit…ein Spektakel… Edith hatte das Gefühl zu einer Zirkusvorstellung oder anderweitigen Unterhaltungsshow zu gehen. Natürlich wusste sie, dass es kein Spaß sein würde, dass es keine Farce war. Zumindest wollte sie daran glauben.
Aber sie fühlte sich dennoch begeistert. Ein wenig Sorge hatte sie jedoch dabei diese fremden Magier zu treffen. Sie alle hier waren Neulinge? Wie würden sie aufgenommen werden?

Edith hatte noch keine wirkliche Ahnung von Magie, außer dass sie möglich war.
Nachdem was sie bei Emerald gesehen hatte, war wirklich alles möglich.

Alles in allem war es eine Chance Kontakte zu knüpfen.

Das Schiff machte einen weiten Bogen, so dass es ein weiteres Schiff weit genug umfuhr, um den Kurs ein wenig zu korrigieren. Dann lächelte er Le Guin an. "Ich habe mich ja schon vorgestellt. Ich bin in diesem Fall nur der Bote. Aber ich bin Mitglied der Tradition der Virtuellen Adepten und Parkour Läufer. Ich denke das reicht vorerst."

Er räusperte sich. "Die Traditionen sind Zusammenschlüsse von Magiern, die ähnliches Arten der Magik und ähnliche Paradigmen und ähnliche Ansichten teilen. Vollkommen gleich sind sie nie. Dafür sind wir alle zu individuell, was gut ist." Sein Blick schweifte einmal über alle Anwesenden. "Ihr könnt euch einer Tradition anschließen. Die Mitglieder der Tradition werden euch dann sicher helfen eure Kräfte zu entwickeln, euch mit Rat und Tat beiseite stehen und und und. Aber niemand zwingt euch dazu euch ihnen anzuschließen. Wenn ihr Partout nicht wollt." er zuckte mit den Schultern.

Sein Blick blieb wieder auf dem Androgyn wirkenden jungen Mann hängen. "Wieso du das rituelle Duell kennst, weiß ich nicht. Aber es geht um ein Duell zwischen John, einem Traumsänger, der sich selten bis gar nicht in der Stadt blicken lässt und Yubilée einer erst vor kurzen angekommen Maga, deren Tradition ich nicht einmal kenne. Ich weiß auch nicht genau, wieso sie sich duellieren wollen. Aber offenbar gibt es eine Meinungsverschiedenheit, die sich nicht anders klären lässt." wieder zuckte er mit den Schultern.

"Es ist denke ich besser, als wenn sie sich mit tödlichen Waffen angehen. Weitere Fragen?"

Er zwang sich ruhig zu atmen und weiterhin freundlich zu lächeln. Und er zwang sich dazu den Monolog der jungen Frau nicht zu unterbrechen. Bei 'seine Buddha-Natur' schnaufte der Japaner dann doch abfällig.

"Ich bin sicher, dass Nichiren" Masamune verzichtete auf den Titel "seine Lehren vor der - im übrigen fast 700 Jahre älteren - Zenkultur entwickelt und aufgeschrieben hat. Aber bitte... wir sollten dieses Gespräch bei einer Tasse Tee in Ruhe führen und nicht hier auf dem Deck. Besuch mich doch in meinem Dojo... vorausgesetzt du lässt Feuer und Tod zuhause, wie Nichiren es anderen Buddhisten gerne ins Haus bringen würde."

Zum Glück meldete sich Emerald zu Wort. Er nickte bei den Erklärungen und schien damit erst einmal zufrieden zu sein.

"Wo genau findet das Konzil statt? Wie lange werden wir unterwegs sein?"

Hifumi schnaubt. Die sonst so verklemmte und schüchterne Frau wirkt erregt, von der Energie eines religiösen Fiebers erfüllt, die in Widerspruch steht zu ihrer zierlichen und schwächlichen Körperlichkeit.

"Dass Zen älter wäre, hat nichts zu bedeuten. Es wurde entwickelt und gelehrt zu einer anderen Zeit, als es noch anwendbar war. Vor dem dritten Zeitalter, bevor Mappho, bevor dem Niedergang und dem Winter der Welt um uns herum. Bevor wir eine Zeit betreten hatten, als das Lotus-Sutra die einzig relevante Schrift wurde, die Essenz aller buddhistischen Lehren, erläutert und verfeinert nur durch die gesammelten Schiften von Nichiren Daishonin."

Eine sehr abseitige Interpretation, denen sich außerhalb des Dunstkreises der 20 widerstreitenden NIchiren-Untersekten und ihrer Obsession über das Geschwurbel ihres großen Meisters niemand hätte anschließen können. Aber für die junge Japanerin war es absolut real - und vielleicht hatte sie auch ein Stück weit recht, in dieser Welt der Magi wo die Realität sich dem Glauben anpasste statt umgekehrt.
Aber nachdem sie ihrem gerechten religiösen Zorn etwas Luft gemacht hatte, wirkte Hifumi deutlich versöhnlicher.

"Aber lasst mir gerne die Anschrift eures Dojo zukommen. Ich mache gerne Kontakt zu anderen Japanern, die es im pazifischen Nordwesten ins Exil verschlagen hat. Ich bin selbst nicht sonderlich versiert in den Kampfkünsten, aber ich weiß von zumindest zweien meiner Glaubensschwestern dass sie sich mal in Judo und Aikido ausprobiert hatten. Das wäre vielleicht eine Möglichkeit in ihrer Freizeit einen Ausgleich zu finden, um sich körperlich gestärkt ihrer Hauptaufgabe zu widmen."

Emerald/Tyson begegnet sie mit einer Mischung aus Neugier und Unverständnis.

"Ein Cerutamennu? Zwischen einem Turamuzang-elu, und einer Jubei-lu?"

Hifumi zuckt die Schultern. Keiner der beiden schien Teil der Anhänger des Lotus-Sutra zu sein, oder offen dafür sich ihm anzuschließen. Nicht einmal Elena Black war offen dafür gewesen, und das war bisher diejenige gewesen, die aus Hifumis Sicht das Dharma und seine Notwendigkeiten am besten verstand. Wenn sich da zwei gegenseitig zerfleischten die sich nicht dem Lotus-Sutra verschworen hatten (und wer nicht für das Lotus-Sutra war, war aus Sicht der verbohrten Betschwester gegen das Lotus-Sutra), dann konnte das Hifumi nur recht sein.

"Die einzig relevante Schrift für eine handvoll... " Fanatiker? Spinner? Masamune schüttelte den Kopf. "... Gläubige, die Mönche anderer bhuddistischen Wege am Liebsten brennen sehen würden."

Lächelnd kam er näher. Er zog eine Visitenkarte hervor, hielt sie mit beiden Händen fest - mit der japanischen Seite nach oben, sodass Hifumi sie lesen könne. Die Adresse, sowie die Information, dass er den 1. Dan in Kenjutsu, sowie Jiu Jitsu, als auch den 2. Kyu-Grad in Kyūdō inne hatte. Des Weiteren bietet er weitere Lehren und Tätigkeiten der Samurai an - ohne darauf ins Detail zu gehen.

"Ich nehme jeden als Schüler an, solange die Regeln des Dojo akzeptiert und respektiert werden."

Über Kittys Gesicht war ein breites Grinsen gehuscht, als der, der sich Emerald hatte, sie hübsch nannte und ihr obendrein noch zugestand Recht zu haben. Nicht, dass das besonders viel Sicherheit brachte, käme es wirklich darauf an, aber es war einfach eine kleine Kirsche auf einem Eisbecher. Und darum tippte sie sich in seine Richtung an einen nicht vorhandenen Hut.

Der kleine Glaubenskrieg der beiden Buddhisten dagegen schien sie nicht sonderlich fesseln zu können. Sie war, was derlei Theorien und deren Ursprünge anging nicht besonders gebildet oder interessiert.

Dafür spitzte Sie bei Emeralds Ausführungen die Ohren. Sie besaß ein Talent, derlei in sich einzugraben, ohne dabei so auszusehen, als täte sie es. So lehnte die Blondine weiterhin lässig an der Reling und schien sich den wenigen Sonnenschein gelassen übers Gesicht scheinen lassen. Da niemand sonst eine Frage stellte, tat sie es aber doch: "Du bist ein Virtueller Adept und dieser John ein Traumsänger. Das sind Traditionen, ja? Welche gibt es noch?"

Hifumi zieht die Augenbrauen ein Stück nach oben, als sie Masamune's Karte studiert.

"Ihr habt sehr viele schwarze Gurte errungen. Ich bin fern davon, Euch in dieser Hinsicht ebenbürtig zu sein. In meiner Jugend hatte ich mich mal dafür interessiert, der Schwimmmannschaft meiner Schule beizutreten, aber mein Priester und meine Eltern hatten mich davon überzeugt, dass nur Dirnen so schamlos ihren Körper in einem einteiligen Badenazug zur Schau stellen würden."

In den Worten der jungen Japanerin war keine Verbitterung oder Verärgerung zu spüren. Es schien die selbstverständlichste Sache der Welt zu sein, dass Priester und Eltern über ihr Leben bestimmten und entschieden was züchtig und was zu schlampenhaft war, ihr Erfahrungen versagten die für andere Teenagerinnen aus weniger religiösen Haushalten eine ganz normale Sache waren.

"Aber ich werde euer Dojo gerne einmal besuchen. Ich hoffe, Ihr erlaubt mir auch, die Flyer meiner Young Women Division des Nichiren-Shoshu-Tempels auszulegen und spirituellen Beistand zu bieten für andere Japaner im Exil, die es neben körperlicher Übung auch nach geistlichem Beistand verlangt."

Diese Flyer dürften wie Blei liegen bleiben, selbst die größte Nichiren-Sekte war nur eine Nischenerscheinung in der japanischen Gesellschaft. Andererseits waren die YWD der Nichiren-Sekten voller junger japanischer Frauen, die sich mit fast amerikanischer Inbrunst der Keuschheit vor der Ehe verschrieben hatten, attraktiv aus der Sicht der zahlreichen Pflanzenfresser, die sich so schwer taten wie Pandabären auf der Suche nach geeigneten und paarungswiligen japanischen Partnerinnen.

Während sie die Antwort abwartet, verneigt sie sich in Richtung Kittys.

"Ich selbst bin eine Chakravanti, oder im westlichen Bezeichnung eine Euthanatos. Eine von denen, die das achtgliedrige Rad des Schicksals am Drehen hält und den Menschen hilft, ihr Dharma zu erfüllen."

Emerald hörte offenbar zu, während sich alle vorstellten und wartete auch Hifumis Worte und den Austausch der beiden Japaner ab, bevor er weiter sprach. Dabei sah er zuerst einmal Masamune an. "Wir werden noch etwa 25 Minuten bis dorthin brauchen. Unser Ziel ist der Black Island State Park. Die Insel liegt vollkommen außerhalb der Amerikanischen Gerichtsbarkeit und gilt als kleines Reservat der örtlichen indigenen Bevölkerung. Dazu ist die Insel als Nationalpark und Naturschutzgebiet gekennzeichnet. Sie unterliegt also im Endeffekt der Gerichtsbarkeit der Reservatsleitung. Und diese hat die Insel als reine Naturzone ausgerufen. Da es sich bei der Streitigkeit um ein Problem mit genau diesen Rechten handelt, wurde die Insel als Austragungsort gewählt."

Sein Blick glitt dann weiter zu Hifumi. Entschuldige. Ich spreche kein japanisch. Was Certamen ist, werdet ihr sehen, wenn wir vor Ort sind. Schließlich blickte er zu Kitty hinüber und nickte ihr erneut zu. "Richtig. Traumsprecher und Virtuelle Adepten sind zwei der Traditionen. Es gibt noch die Euthanatos." bei diesem Wort nickte er zu Hifumi. "Die Bruderschaft Akaschas oder Akashayana, den Orden des Hermes, den Himmlischen Chor, den Kult der Extase, Die Söhne des Äthers, oder Ätheriten und die Verbena." zählte er schließlich alle Traditionen auf. "Als Gegensatz gibt es noch Technokraten." er machte eine würgende Geste. Von denen solltet ihr euch besser fern halten." Dann grinste er. "Ich bin gespannt, wie ihr auf die ganzen Schrägen Vögel reagiert, auf die ihr gleich trefft."

Der junge Mann schien wirklich auf diesen Moment hinzufiebern. Zumindest hatte er ein verschmitztes Grinsen auf dem Gesicht. "Magier können sehr...exzentrisch sein."