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Re: Home of the FUN (H.-H., Mateo)
Verfasst: Di 25. Nov 2025, 20:48
von Mateo
ateo schaute Herrn Skolem lange an, sein Blick sanft und ruhig. Er stellte die Tasse ab, faltete die Hände kurz, als wolle er die Wärme darin bewahren, und nickte.
„Ok… dann soll der Tag meinem großen Herzen gehören.“
Auf seinen Lippen lag ein leichtes Lächeln, das keine Verurteilung trug, nichts Negatives. Auch kein Mitleid. Es war mehr Respekt und Mitgefühl. Mateo überbrückte die kurze Distanz und nahm Herrn Skolem in den Arm. Ohne Worte. Einfach so. Ein fester, aber behutsamer Druck, der Trost spenden sollte, Nähe, die nicht urteilte, sondern annahm.
Er spürte, wie der Schmerz des Älteren fast greifbar wurde, wie die Last in seinen Schultern lag. Und doch wollte Mateo ihm zeigen: Er war nicht allein. Nicht heute. Nicht hier. Nicht in Zukunft.
In seinem Inneren dachte Mateo an Leopolds Worte – *„er ist gebrochen“*. Und es war ihm glasklar, dass es etwas mit der Verbindung zwischen den beiden zu tun hatte. Dass die Tatsache, dass Herr Leopold, Skolems bester Freund, sein Avatar geworden war, eine Wunde hinterlassen hatte, die nicht heilte.
„Manche Schuld mag schwer sein, Herr Skolem,“ sagte er leise, „aber Verzeihen beginnt bei Ihnen. Und von dem, was ich sehe kann, gibt es hier keinen, der Ihnen eine Schuld gibt. Und wenn der heutige Tag meinem Herzen gehört… dann gehört er auch Ihnen. Denn ohne Sie wäre er nicht möglich gewesen.“
Re: Home of the FUN (H.-H., Mateo)
Verfasst: Di 25. Nov 2025, 21:02
von H.-H. Skolem
Ob er es nun erwartet hatte, oder nicht. Welche Reaktion auch immer Mateo sich zuvor ausgemalt haben mochte - Skolem erwidert die Umarmung. Drückt ihn ebenso fest an sich und an sein Herz. Was der junge Mann dabei natürlich nicht sehen kann, ist die Träne, die Skolems Wange herunterrinnt. Doch das leichte Zittern dieses komischen Kauzes, dieses verschrobenen alten Knackers, das kann er deutlich spüren.
Als sich die Umarmung löst - keiner von beiden macht den Anfang, es geschieht gleichzeitig - schaut Skolem Mateo tief in die Augen. "Du bist ein guter Junge", meint er sanft. Dann wendet er sich um, schüttet sein Glas noch einmal fast randvoll und trinkt es halb leer, als wäre es Wasser. Wieder wendet sich Skolem seinem jungen Freund zu: "Wenn du magst, möchte ich dir berichten, was damals geschehen ist. Aber dafür brauchst selbst du einen Drink."
Skolem hebt die Whiskey-Flasche hoch, schwenkt sie ein wenig und deutet auf das erste Glas Mateos. "Darf ich?"
Re: Home of the FUN (H.-H., Mateo)
Verfasst: Di 25. Nov 2025, 21:43
von Mateo
Mateo hielt die Umarmung, länger als er es vielleicht sonst getan hätte. Er wollte Herrn Skolem Halt und Trost geben – nicht nur, weil es etwas zutiefst Menschliches war, nicht nur, weil es zu seinem Glauben passte, sondern auch, weil er Skolem als Menschen etwas zurückgeben wollte für das, was er für ihn, aber auch für andere getan hatte.
Als sie sich gleichzeitig voneinander lösten, blieb Mateos Blick weich und offen. Er nickte leicht.
„Herr Skolem… die Frage ist nicht, ob ich mag. Die Frage ist, ob Sie es teilen möchten. Wenn dem so ist, höre ich gerne zu.“
Er schob sein Glas ein wenig näher, ohne Zögern.
„Und wenn Sie denken, ich brauche einen Drink, dann werde ich ihn nehmen.“
Seine Stimme war ruhig, fast leise, aber voller Ernst. Er wollte zeigen, dass er bereit war, zuzuhören – egal, wie schwer die Worte sein mochten.
Dann, als Skolem einschenkte, fügte Mateo noch leiser hinzu, fast wie ein vertrauliches Versprechen:
„Ich habe die Frage nach Ihrem Geburtstag nicht vergessen, Herr Skolem. Und auch nicht den von Herrn Leopold.“
Ein sanftes Lächeln huschte über seine Lippen, nicht aufdringlich, sondern wie ein kleiner Funken Wärme inmitten der Schwere.
Re: Home of the FUN (H.-H., Mateo)
Verfasst: Di 25. Nov 2025, 22:50
von H.-H. Skolem
Skolem lächelt Mateo an - wenngleich weniger aus Freude denn mehr aus Verzweiflung. "Also gut - ich versuche es." Er hält ihm sein Glas entgegen und als die zwei anstoßen, kippt er wieder einmal einen großen Schluck hinunter.
"Es ist inzwischen fünf oder sechs Jahre her, da haben Leopold und ich gemeinsam in Auburn gelebt. Ich habe in einem Bestattungsinstitut gearbeitet und Leopold war Apotheker. Jeden Montag gingen wir ins Footballstadion und haben die Tigers angefeuert, jeden Donnerstag waren wir im Kino um die neuesten Filme zu sehen. Und am Wochenende haben wir die Bars unsicher gemacht, haben getrunken und gefeiert bis zum Umfallen. Wir waren nicht nur Freunde, nicht nur beste Freunde, wir waren Brüder."
Wieder nimmt Skolem einen tiefen Schluck und wieder fragt sich Mateo, wo der Mann all den Alkohol nur hinsteckt. Wenn er auch nur halb so viel getrunken hätte, würde er lallend in der Ecke liegen. Doch Skolem machte auf ihn noch nie den Eindruck eines Betrunkenen, so viel er auch in sich hineinkippte. Doch das war vielleicht ein Geheimnis, welches er ein anderes Mal ergründen könnte. Für heute lauscht er nur den weiteren Worten des Mannes vor ihm, der sich selbst nur als Unfall bezeichnete.
"Dann, eines Tages, waren wir wieder einmal gemeinsam Essen und anschließend in einer Bar. Es war schon spät, naja, was heißt schon spät, etwa 2 Uhr nachts und wir waren gut angetrunken und auf dem Weg nach Hause. Der Weg verlief unter anderem vorbei an einem still gelegten Industriegebiet. Dort wurden wir dann leider Zeugen, wie ein junges Mädchen, ich schätze mal so ca. 16-18 Jahre alt, von einem guten Dutzend Männern belästigt wurde. Wobei belästigt noch harmlos ausgedrückt ist, aber ich denke, ich muss hier nicht ins Detail gehen. Leopold und ich mussten uns nicht einmal anschauen. Beide rannten wir sofort auf die Gruppe zu, dabei Worte schreiend wie: „Lasst das Mädchen in Ruhe. Was fällt euch eigentlich ein? Was würde eure Mutter dazu sagen, wenn sie wüsste, was ihr gerade für eine Schweinerei betreibt?“ Und während wir so die Aufmerksamkeit der Typen auf uns zogen, rief ich nur in Richtung des Mädchens: „Lauf weg“. Doch sie war wie gelähmt, völlig erstarrt aufgrund der traumatischen Ereignisse. Leopold rief mir zu: „Bring sie in Sicherheit“ und weil ich irgendwie völlig überfordert war, rannte ich tatsächlich so schnell ich konnte zu dem Mädchen, packte sie am Arm, zog sie auf die Beine und schliff sie mit mir fort. Derweil zog Leopold die Aufmerksamkeit der Typen auf sich, indem er Beleidigungen und ähnliches ausstieß. „Was seid ihr für jämmerliche Wichser? Euch Arschlöcher muss man mal richtig Manieren beibringen“. Davon hab ich allerdings nichts mehr mitbekommen. Auch nicht davon, wie sich die Gruppe auf Leopold stürzte und ihn zusammenschlug, immer wieder auf ihn eintrat und schlug, selbst, nachdem er zu Boden gegangen war ..."
Mittlerweile rinnen Tränen Skolems Wangen hinab, doch er versucht stark zu bleiben, weiter zu erzählen.
"Um es kurz zu machen: auch, wenn ich, nachdem das Mädchen in Sicherheit war, noch Polizei und Rettungswagen rief, Leopold starb an den Folgen seiner Verletzungen im Krankenhaus. Und so musste ich meinen besten Freund beerdigen."
Skolem schnieft kurz, fährt dann aber fort: "Wäre ich doch nur schneller gewesen, hätte ich das Mädchen doch einfach fortgeschickt, hätte ich doch nur Leopold beigestanden, hätte ich doch nur Polizei und Rettungswagen gerufen, bevor ich losrannte …"
Und damit sackt er in sich zusammen, ein im wahrsten Sinne des Wortes Häufchen Elend. Und wieder ein großer Schluck ...
Re: Home of the FUN (H.-H., Mateo)
Verfasst: Mi 26. Nov 2025, 17:02
von Mateo
Mateo nippte an seinem Glas, nachdem sie angestoßen hatten, und hing an Herrn Skolems Worten. Er unterbrach ihn nicht, ließ ihm Raum und Zeit, alles herauszulassen. Jede Silbe trug Gewicht, jede Erinnerung war wie ein Stein, den Skolem aus seiner Brust hob und doch nicht ganz loslassen konnte.
Als Skolem schließlich in sich zusammensackte, ging Mateo zu ihm. Er legte ihm die Hand auf die Schulter – tröstend, warm, fest. Bereit, ihm auch eine Schulter zu geben, wenn er sie brauchte oder wollte.
„Herr Skolem…“ begann er leise, seine Stimme ruhig und klar. „Es ist nicht Ihre Schuld. Wenn jemand Schuld trägt, dann diese asozialen Männer. Nicht Sie.“
Er hielt den Blick, wollte, dass Skolem die Worte wirklich hörte.
„Was ich sehen kann, gibt Ihnen Herr Leopold keine Schuld. Das, was Sie getan haben, war das Richtige. Sie haben das Mädchen gerettet. Und die Entscheidung von Herrn Leopold… die hätte ich auch so getroffen. Er wollte, dass Sie sie in Sicherheit bringen. Das war seine Wahl. Und sie war richtig. Er wirkt mit seiner Entscheidung im Reinen.“
Mateo drückte die Schulter des Älteren sanft, fast wie ein Versprechen.
„Niemand gibt Ihnen die Schuld, außer Sie selbst. Und es ist nicht Ihre Schuld.“
Er schwieg einen Moment, ließ die Worte stehen, damit sie nicht wie Trostfloskeln wirkten, sondern wie das, was sie waren: ehrlich gemeint.
In seinem Inneren spürte Mateo die Schwere, die Skolem trug, und zugleich die Klarheit, dass er ihm zeigen musste: Er war nicht allein mit dieser Last.
„Herr Skolem,“ fügte er leiser hinzu, „Sie haben Gutes getan. Und das ist etwas, das zählt.“
Sein Blick blieb sanft, sein Lächeln klein, aber echt. Ein Funken Wärme, der zeigen sollte: Auch wenn Skolem sich selbst als Unfall sah, für Mateo war er alles andere als das.
Re: Home of the FUN (H.-H., Mateo)
Verfasst: Di 2. Dez 2025, 07:33
von H.-H. Skolem
Skolem schaut zu Mateo auf, dankbar für die Hand, die dieser so freundlich und tröstlich auf seine Schulter gelegt hatte. Und doch schüttelt er den Kopf. "Das sagst du nur, weil du freundlich bist. Wie so viele schon vor dir. Doch ihr alle begreift es nicht."
Dann ext er das Glas vor ihm und wieder einmal mag sich Mateo fragen, wo dieser Mann den ganzen Alkohol lässt und doch gleichzeitig völlig nüchtern wirkt. Kann das tatsächlich nur "Training" sein? Skolem jedoch erhebt erneut seine Stimme:
"Auch, wenn mir niemand die Schuld geben mag - eben weil man mich nicht verletzen will, mich mag oder warum auch immer - es ändert nichts daran, dass ich schuldig bin. Hätte ich anders gehandelt, wäre Leopold vielleicht noch am Leben."
Skolem will kein Mitleid, will keine Anteilnahme, das kann Mateo spüren. Nicht umsonst hat er so lange über diese Vorfälle geschwiegen und das alles mit sich selbst ausgemacht. Er sucht keine Absolution, keine Buße oder Vergessen. Er kann es einfach nicht verstehen, nicht begreifen, dass jemand sagt, er habe keine Schuld, weil dem tatsächlich so wäre, sondern denkt stets nur, die Menschen würden es sagen, um ihm zu helfen, um nett zu sein oder ähnliches. Halt nicht, weil sie es wirklich so sehen. Denn er sieht es so und glaubt, alles sei so klar, dass es doch jeder so empfinden müsse.
Und daher will er diese Worte auch nicht hören.
Ja, selbst Leopold hat ihm nie einen Vorwurf in all der Zeit gemacht - doch auch bei ihm denkt er, das dies nur deshalb so ist, weil er sein Freund ist.
Es ist kein Selbstmitleid, in dem er sich ergeht - das genaue Gegenteil ist der Fall: Mitleid hat Skolem schon seit Jahren nicht mehr mit sich gehabt. Eher hat er versucht, sich selbst zu bestrafen, wollte endlich dafür belangt werden, was er verbrochen hat. Doch die Welt gab ihm keine Möglichkeit zur Sühne und so nahm er es irgendwann selbst in die Hand.
Re: Home of the FUN (H.-H., Mateo)
Verfasst: Do 4. Dez 2025, 16:56
von Mateo
Mateo spürte deutlich, dass Herr Skolem kein Mitleid wollte – und er empfand auch keines. Skolem war kein bemitleidenswerter Mensch. Was Mateo fühlte, war Sympathie für ihn und die Situation, in der er sich befand. Seine Handlungen waren nicht von Mitleid getrieben, sondern von Zuneigung und Verständnis.
Er ließ die Hand auf Skolems Schulter ruhen, sprach ruhig und ernst:
„Herr Skolem, ich verstehe Sie sehr gut. Aber sind Sie sicher, dass Sie im richtigen Verein sind? Dieses Aufgehen in Schuldgefühlen, diese Selbstgeißelung… das kenne ich sonst nur von der katholischen Kirche. Vielleicht sollten Sie über einen Vereinswechsel nachdenken. So schlecht ist der Himmlische Chor nicht.“
Ein sanftes, aber denoch leicht schelmisches Lächeln huschte über Mateos Gesicht. Es war eine wohlgemeinte Spitze, bewusst gesetzt, in der Hoffnung, die Mauer, die Skolem um sich herum aufgebaut hatte, ein wenig zu schwächen. Er wusste, wie wenig Skolem von Kirche und Chor hielt, gerade weil er dort den Fanatismus sah, den er so sehr ablehnte – und gerade deshalb wollte er ihm zeigen, dass er ihn nicht nur ernst nahm, sondern auch auf Augenhöhe necken konnte.
Dann wurde sein Blick wieder ernst, seine Stimme tiefer.
„Ja, Sie haben Schuld auf sich geladen, weil Sie Ihrem Freund nicht helfen konnten. Aber es war nicht Ihre Schuld, die Sie auf sich geladen haben. Die Wahl war, zu versuchen das Mädchen zu retten – oder alles zu verlieren. Es war eine Situation ohne guten Ausweg. Aber nicht Sie haben uns in diese Lage gebracht, sondern die Männer.“
Mateo drückte die Schulter des Älteren sanft, fast wie ein Versprechen.
„Das ist eine Schuld, die gesühnt werden kann, weil sie nicht von Ihnen selbst verursacht wurde. Ich verstehe auch, dass Sie sich nicht verzeihen können. Aber ist es nicht egoistisch, sich selbst das Recht herauszunehmen, zu entscheiden, was verzeihbar ist und was nicht? Der Einzige, der zu Schaden gekommen ist, ist Herr Leopold. Und indem Sie das für ihn entscheiden, nehmen Sie ihm sein Recht, es selbst zu entscheiden.“
Mateo schwieg einen Moment, ließ die Worte stehen, damit sie nicht wie Trostfloskeln wirkten, sondern wie das, was sie waren: ehrlich gemeint. Sein Blick blieb warm, voller Sympathie und Verständnis – nicht, um Skolem zu bemitleiden, sondern um ihm zu zeigen, dass er nicht allein war.