Mütterliche Fürsorge [Liam]

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Liam Carpenter
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Registriert: Fr 14. Mär 2025, 19:48

Mütterliche Fürsorge [Liam]

Beitrag von Liam Carpenter »

Liam zuckte zusammen als eine Hand ihn sanft an der Schulter berührte.
„Entschuldige bitte, ich habe nicht daran gedacht.“
Mit einem schuldbewussten Lächeln ließ seine Mutter sich neben ihm auf dem Baumstamm nieder.
„Benutzt du regelmäßig die Salbe die Old Nan dir gegeben hat?“
Ihr besorgter Ton ließ einen Anflug von Schuldgefühlen in ihm hochkriechen. Er hatte sie deswegen angelogen. Das erste Mal seit Ewigkeiten hatte er seiner Familie ganz bewusst die Unwahrheit gesagt. Fahrradunfall. Ganz dummer Sturz. Nicht dramatisch. Kann passieren. Aber was hätte er ihnen denn sagen sollen… Dass er von einem Werwolf gegen die Wand geworfen worden war… keine gute Geschichte für den Frühstückstisch. Echt nicht.
„Na klar. Es ist auch schon viel besser geworden. In zwei, drei Wochen ist davon bestimmt nichts mehr zu sehen.“
Er mühte sich ein Lächeln ab von dem er hoffte das es einigermaßen zuversichtlich aussah. Und tatsächlich machte ihm seine Verletzung auch garnicht übermäßig Sorgen. Die Prellung heilte gut ab und schränkte ihn kaum noch ein. Nicht dramatisch. Kann passieren.
Trotzdem vermied er es sie anzusehen. Shada Carpenter besaß ihre ureigenste Form des `bösen Blicks`. Etwas in der Art und Weise wie sie einen ansah zwang einen dazu sein Herz vor ihr ausschütten zu wollen. Eine Art von Magie gegen die man als Sohn, Tochter oder Ehemann ganz besonders verwundbar war.
Er hörte sie neben sich seufzen und versuchte sich gegen die unvermeidlichen Fragen zu wappnen.
„Liam, was ist los? Du bist in letzter Zeit so ungewohnt still und verschlossen.“
Kurz überlegte er ein Gespräch zur Gänze abzublocken. Aber er wusste aus leidlicher Erfahrung dass sie ohnehin nicht locker lassen würde.
„Es ist einfach nur… Ich glaube ich bin noch nicht wieder ganz zu Hause angekommen. Es fühlt sich alles immer noch ein bisschen Fremd an.“
Das war zumindest ein, zugegeben kleiner, Teil der Wahrheit. Er hatte mit Veränderungen gerechnet. Gewusst das sein Leben hier nicht auf ihn warten würde. Aber ganz sicher nicht damit seine ganze Sicht auf die Welt adaptieren zu müssen. Das war mehr als man mit Sturheit und Optimismus wegzustecken vermochte. Und es half einem auch nicht gerade dabei sich zu Hause zu fühlen.
„Das hat es sicher auch als du auf den Campus gezogen bist und trotzdem hast du dich nicht so zurückgezogen.“
Natürlich kannte sie ihn besser. Was hatte er erwartet.
„Du weißt, dass du mit uns über alles reden kannst. Mir ist klar seit der Geschichte mit Elijah ist Liebeskummer ein verbranntes Thema, aber dein Vater hat es wirklich nicht…“
Der Gedanke den sie andeutete erwischte Liam so kalt dass er sie noch mitten im Satz unterbrach.
„Wie kommst du denn auf diese Idee?“
„Du läufst herum wie drei Monate Regenwetter und das einzig substanzielle worüber du seitdem mit deinem Vater geredet hast war Mikasi also…“
„STOP! Stopstopstop!“
Er hob in einer abwehrenden Geste die Hände um den Keim dieses Gedankens augenblicklich und schon im Ansatz zu ersticken. Es gab keine zwei Worte die weniger zusammen in einen Satz gehörten als Mikasi und Liebeskummer.
„Nein! Du könntest nicht weiter weg von der Wahrheit sein okay.“
In diesem Moment sah er sich doch genötigt eine Erklärung anzuschließen. Ihr skeptischer Blick sprach Bände. Und der Titel aller Bände lautete: Liam Nayati Carpenter, ich glaube dir nicht.
„Mikasi und ich habe uns getroffen. Als ich Kitsap besucht habe. Und wir haben uns gestritten. Die Situation war… voller frustrierender Missverständnisse und ich gebe zu das hängt mir irgendwie nach. Also bitte begrab den Gedanken ich hätte in irgendeiner Form und Weise Liebeskummer. Mikasi und ich haben kaum mehr als ein dutzend Sätze gewechselt bevor er hitzig wurde. Wir sind KEINE Freunde.“
Er gab sich große Mühe diesen Fakt ganz deutlich durch seine Betonung hervorzuheben.
„Wir kennen uns quasi kaum. Es ist einfach… Ich fühle mich nicht gut damit wie wir auseinander gegangen sind, weil ich glaube dass es nicht so hätte sein müssen, verstehst du?“
„Dann geh und rede mit ihm.“
Der Vorschlag brachte Liam beinahe zum Lachen. Nicht auf die gute, freudvolle Art. Es war eher ein Ausdruck destillierten Unglaubens. Doch er fing es gerade noch rechtzeitig genug ein um es auf ein Schnauben herunterzubremsen.
„So einfach ist das nicht.“, protestierte er.
„Es ist nur so kompliziert wie du es dir machst.“
Die Stimme seiner Mutter war sanfter geworden und sie legte ihm liebevoll eine Hand auf den Arm. Eine kleine zugewandte Geste mit der sie seiner Gegenwehr den Wind aus den Segeln nahm. Sie hatte nicht nur den bösen Blick. Sie konnte einem auch Dinge einflüstern.
„Was ist denn das schlimmste was passieren kann hmm? Das ihr in Unfrieden auseinander geht? Das habt ihr doch bereits getan.“
Das er mich umbringt… schoß es Liam sofort durch den Kopf. Und realistischerweise würden ihm mit einem bisschen Zeit und kreativem Denken sicher noch einige schlimmere Dinge einfallen. In so fern war umgebracht zu werden vermutlich schlimm, aber nicht DAS schlimmste.
„Rede mit ihm. Klär das Missverständnis auf. Entschuldige dich. Wenn dann immer noch Unfrieden zwischen euch ist, dann hast du es wenigstens versucht und kannst es loslassen. Du kannst nur deinen eigenen Groll begraben Liam. Nicht den Seinen. Du kannst ihm Frieden anbieten. Aber du kannst ihn nicht zwingen Frieden zu wollen. Also tu das was in deiner Hand ist und dann lass es ziehen.“
Er wusste das eine sehr simple Wahrheit in ihren Worten lag. Er konnte Mikasi nicht zwingen ihm zu vertrauen. Er konnte nur versuchen es sich zu verdienen. Und wenn es nicht genügte. Wenn ER nicht genügte. Dann würde irgendwann der Zeitpunkt kommen an dem er sein Scheitern akzeptieren musste, wenn er nicht wollte das es ihn auffraß. Aber noch war dieser Zeitpunkt nicht gekommen. Tu was in deiner Hand ist und dann lass es ziehen. Noch gab es Dinge die in seiner Hand waren. Dinge die er tun konnte. Dinge die er tun wollte. Was er ziehen lassen musste waren seine Erwartungen. Seine Ungeduld. Die Frustration die er empfand.
Mit einem Seufzen ließ er den Kopf gegen ihre Schulter sinken. Spürte wie sie mit den Fingern durch sein Haar zauste und dann einen Arm um ihn legte. In gemeinsamem Schweigen verbunden saßen sie einen Moment nebeneinander, bevor sich schließlich der Anflug eines Lächelns auf Liams Gesicht zurückschlich.
„Danke Mum.“

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