Engage, Learn, Grow and Lead (Hifumi, Mateo)

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Mateo
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Engage, Learn, Grow and Lead (Hifumi, Mateo)

Beitrag von Mateo »

Mateo trat durch die breite Glastür des Center for Ecumenical and Interreligious Engagement. Die Tür öffnete sich mit einem leisen Surren, und sofort umfing ihn die ruhige, fast ehrfürchtige Atmosphäre des Ortes. Der Duft von Papier, Holz und etwas, das nach Räucherstäbchen roch, lag in der Luft. Es war still, aber nicht leer – eine gespannte Ruhe, wie vor einem Gespräch, das noch nicht begonnen hatte.

Sein Blick wanderte über die Wände, die mit Zitaten aus verschiedenen religiösen Traditionen geschmückt waren. Über dem Empfangstisch hing ein Banner mit den Worten *Engage, Learn, Grow and Lead*. Mateo nickte der älteren Frau hinter dem Tisch freundlich zu, nahm sich ein Programm und überflog die Namen der Vortragenden. *Hifumi Takahasi* – da war sie. Der Vortrag über Nichiren Shoshu Buddhismus sollte in wenigen Minuten beginnen.

Es war sein zweiter Besuch hier. Beim ersten Mal hatte ihn die Offenheit überrascht: die Bereitschaft, zuzuhören, zu fragen, zu lernen – ohne Urteil. Heute fühlte sich alles vertrauter an. Er war nicht hier, um zu diskutieren. Er war hier, um zu verstehen.

Langsam ging er den Flur entlang, vorbei an einem kleinen Raum mit Meditationskissen, bis er den Vortragssaal erreichte. Einige Besucher saßen bereits verteilt auf den Stühlen, leise murmelnd oder in Gedanken versunken. Mateo suchte sich einen Platz in der dritten Reihe – nicht zu weit vorne, aber nah genug, um alles mitzubekommen.

Er setzte sich, legte das Programm auf seinen Schoß und atmete einmal tief durch.
Es war gut, hier zu sein.
Bereit, sich einzulassen. Bereit, zu lernen.

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Hifumi
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Re: Engage, Learn, Grow and Lead (Hifumi, Mateo)

Beitrag von Hifumi »

Eine zierliche junge Japanerin, Mitte der 20er, betrat die Bühne. Ein adrettes junges Ding in Business Casual, mit einem pinken Top, einem weißen Bolerojäckchen, dazu passendem weißen Rock aus dem gleichen Feinstrickmaterial, und flache schwarze Ballerinas. Ihr Make-Up war dezent, ebenso wie ihr Schmuck aus Ohransteckern. Sie könnte einfach eine Büromaus irgendwo sein, wäre da nicht die pinke Gebetsperlenkette aus Plastik.

Ein paar Klicks auf einem Laptop später wurde eine Präsentation auf die Leinwand hinter hier projeziert.

Lächelnd und mit einer leichten Verbeugung begann sie die Veranstaltung.

"Konnichiwa, guten Tag und herzlich willkommen zu meinem Vortrag. Ich bin etwas kurzfristig angefragt worden um diese Lücke zu schließen, war aber als örtliche Autorität gerne bereit auszuhelfen.

Mein Name ist Hifumi Takahashi, ich bin 25 Jahre alt und geboren wurde ich in Fukui. Meinen Bachelor in Buddhologie und Nichirenstudien habe ich an der Risshō-Universität in Tokyo abgeschlossen - neben einem Auslandsjahr an der Universität von Southern Maine, in dem ich ihr Land kennen- und schätzengelernt habe. God press America!"


Ein paar jüngere Studenten kicherten angesichts des etwas schiefen Engrish, in dem Miss Takahashi diese Phrase memorisiert hatte. Aber wenn es sie störte, ließ die Japanerin sich nichts davon anmerken.

"Ich bin die Leiterin der Young Woman's Division des Nichiren-Shoshu-Tempels hier in Seattle. Es handelt sich hierbei um junge Japanerinnen auf Missionsreise, die ebenso wie ich ein R1-Visum innehaben und ein Stipendium des Tempels erhalten. Aber erfreulicherweise konnten wir auch einige einheimische junge Frauen gewinnen.

Daneben bin ich als Seelsorgerin am Shadow-Lake-Gefängnis tätig, und nehme nach dem Vortrag auch zu diesem Aspekt gerne Fragen an.

Bevor ich nun mit meinem eigentlichen Vortrag beginne - wie viele von ihnen sehen sich bereits mit dem Buddhismus im Generellen vertraut?"
"Auf jeden Winter wird unweigerlich ein Frühling folgen."
- Nichiren

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Mateo
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Re: Engage, Learn, Grow and Lead (Hifumi, Mateo)

Beitrag von Mateo »

Mateo saß ruhig in der dritten Reihe, die Hände locker auf dem Programmheft.

Als Hifumi Takahashi die Bühne betrat, war sein erster Gedanke: So jung. Er hatte mit einer älteren Stimme gerechnet, mit grauem Haar und ernster Miene. Doch da stand sie – zierlich, klar, präsent. Nicht laut, aber bestimmt.

War es Verwunderung, die ihn durchzog?
Oder Bewunderung?
So jung und bereits eine Führungsfigur ihres Glaubens.
Eine Stimme, die nicht nur für sich sprach, sondern für andere.

Als sie ihr Visum erwähnte, musste er grinsen.
Nicht aus Spott. Sondern aus einem stillen Verstehen.

Er kannte das. Wenn man kein weißer alter Mann war, wurde man oft gefragt, warum man überhaupt hier sei. Man musste sich erklären. Rechtfertigen. Beweisen, dass man dazugehört.

Sein Blick blieb auf ihr, als sie weitersprach.
„God press America.“

Ein leiser Moment der Irritation.
War das Absicht?
Ein Versprecher?

Mateo wusste es nicht.
Aber es blieb hängen.
Wie ein kleiner Riss in einem sonst klaren Bild.

Als sie fragte, wer mit Buddhismus vertraut sei, hob er die Hand.
Nicht zögerlich.
Nicht demonstrativ.
Einfach ehrlich.

Er hatte sich mit allen großen Weltreligionen beschäftigt. Nicht aus Pflicht. Sondern aus Neugier. Aus Respekt. und natürlich zum Teil auch für sein Studium.

Sein Blick blieb ruhig, offen.

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Hifumi
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Re: Engage, Learn, Grow and Lead (Hifumi, Mateo)

Beitrag von Hifumi »

Hifumi lächelte erfreut, als doch viele Hände nach oben gehen.

"Vielen Dank. Ich werde damit viele der Grundlagen überspringen können, ohne den Großteil meiner Zuhörerschaft abzuhängen. Denjenigen, die sich abgehängt fühlen, dürfte die Universität sicher Materialien über die Grundlagen des Buddhismus bereitstellen können. Daneben finden sie hier meine E-Mail-Adresse, und die Facebook-Seite meiner YWD, falls sie nach dem Vortrag spezifische Fragen an mich haben."

Die junge Japanerin ließ diese Informationen eine Weile offen, ehe sie fortfuhr.

"Der Nichiren-Buddhismus ist Teil der Mahayana-Tradition - einer Tradition, in der das Individuum nicht nur aus Eigennutz Erleuchtung sucht, sondern zum Nutzen seiner gesamten Umwelt. Indem es die sechs Perfektheiten verwirklicht - Großzügigkeit, Moral, Geduld, Fleiß, Meditation, und Weisheit.

Im Gegensatz zu vielen anderen buddhistischen Traditionen richtet Nichiren-Buddhismus sein Augenmerk auf unsere diesseitige, dreifache Welt, in der wir alle leben - die Welt der Menschen, Tiere und rastlosen Toten. Die Himmel darüber, und die Höllen darunter, sie sind alle nur von randständigem Belang.

Nichiren-Buddhismus sieht sich als die einzig korrekte buddhistische Tradition, und sein zentrales Bestreben ist Selbstverbesserung des Individuums. Er ist dabei aber nicht so ich-bezogen, wie man anfänglich denken mag - durch Selbstverbesserung, und der Unterstützung anderer bei ihrer Selbstverbesserung, tritt eine Verbesserung der gesamten dreifachen Welt ein - die menschliche Revolution."


Hifumi lächelte breit.

"Viele buddhistische Traditionen lehren, dass Frauen wie ich Teufel sind, die erst geläutert werden müssen, ehe sie in einer höheren Form als Männer wiedergeboren werden können, und die dann erst bereit sind eine höhere Bewußtseinsebene zu erreichen."

Sie ließ diese Aussage erst einmal eine Weile im Raum wirken, und beobachtete insbesondere die Reaktion der weiblichen Studentinnen.

"Nichiren Daishonin, der Begründer meine Religion, er dachte nicht so. Im Grunde genommen war er seiner Zeit voraus, und so etwas wie ein mittelalterlicher Feminist. Das 12te Kapitel des Lotu-Sutra berichtet von Longnü, der Nagaprinzessin, und wie sie Erleuchtung erlangte trotz ihres weiblichen Geschlechts. Nichiren schrieb daher Mann wie Frau die gleiche Fähigkeit zur Erleuchtung zu - oder zur Erlösung, falls wir dem ökumenischen Modell folgen, die beide als gleichbedeutend beschreibt."

Hifumi übersprang hier elegant einige Unstimmigkeiten, wie die Vierteilung ihres Tempels in YWD, WD, YMD und MD, bei der die Frauen komischerweise immer untergeordnet waren und sich den Männern der gleichen Alterskohorte zu unterwerfen hatten. Oder wie eine Frau wie Hifumi, die mit 25 Jahren immer noch unverheiratet und ungeschwängert war, große Schande auf sich ludt als unverkäuflicher Weihnachtskuchen. Aber das musste sie ja niemandem auf die Nase binden, während sie den gleichen Tempel an- und lobpreiste, der sie unterdrückte.

"Um Nichiren Daishonin, den Begründer meines Tempels, zu verstehen, ist es wichtig die Ära zu verstehen, in der er aufwuchs und wirkte - die Kamakura-Ära, in der sich die Trennung von Zeltregierung des Shoguns und Palastregierung des Kaisers kristallisierte. Wer hier ist vertraut damit?"

Hifumi rechnete nicht mit vielen sich erhebenden Händen - diese Ära richtete sich eher an Geschichtsnerds, als an den typischen Theologiestudenten. Selbst irgendwelche animeverliebten Otaku, die sich zu viel mit japanischer Geschichte befasst hatten, wären besser vertraut mit Sengoku Jidai, Edo und Meiji, als mit der Epoche in der Hifumis Religion geprägt wurde.
"Auf jeden Winter wird unweigerlich ein Frühling folgen."
- Nichiren

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Mateo
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Re: Engage, Learn, Grow and Lead (Hifumi, Mateo)

Beitrag von Mateo »

Mateo hörte aufmerksam zu.
Sein Blick blieb ruhig auf Hifumi gerichtet, doch in seinem Inneren bewegte sich viel.

Als sie von der „dreifachen Welt“ sprach, stolperte er innerlich.
Er hatte dieses Konzept fast vergessen.
Und doch… jetzt, da sie es erklärte, erkannte er die Ähnlichkeit.

Menschen, Tiere, rastlose Tote.
Die Himmel darüber, die Höllen darunter.
Es klang fast wie die magischen Ebenen, die Pater Francis ihm beschrieben hatte. Wie Konzepte aus der magischen Theorie.

Als Hifumi über die Sicht vieler buddhistischer Traditionen auf Frauen sprach, war er überrascht.
Teufel? Geläutert, um als Mann wiedergeboren zu werden?

Er hatte davon nie gehört.
Eine gedankliche Notiz formte sich.
*Das muss ich mir anschauen. Wenn ich Zeit habe.*

Doch was wirklich sein Interesse weckte, war die Figur von Nichiren Daishonin.
Ein mittelalterlicher Feminist?
Vielleicht war das zu modern formuliert.
Aber die Idee, dass Mann und Frau gleichermaßen zur Erleuchtung fähig sind – das war stark für diese Zeit.

Mateo spürte, wie sich sein Gesicht leicht aufhellte.
Nicht aus Zustimmung, sondern aus Respekt.
Es war selten, dass religiöse Führer ihrer Zeit voraus waren.
Und noch seltener, dass sie dabei nicht nur Worte, sondern auch Haltung veränderten.

Als Hifumi nach der Kamakura-Ära fragte, blieb seine Hand unten.
Er glaubte, den Begriff irgendwann einmal gehört zu haben – vielleicht in einem Seminar, vielleicht in einem Buch.
Aber vertraut war es ihm nicht.

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Hifumi
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Re: Engage, Learn, Grow and Lead (Hifumi, Mateo)

Beitrag von Hifumi »

Ein Bild von Nichiren erscheint auf der nächsten Folie, neben einer ganzen Reihe Lebensdaten.

"...seine Lebzeiten, die Kamakura-Periode, war eine Zeit großer Umbrüche. In politischer Hinsicht, da sich die Zeltregierung des Shoguns herausbildete und immer mehr Aufgaben und Macht vom Kaiserhaus übernahm.

In religiöser Hinsicht, weil es zu sektiererischen Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Buddhismus-Schulen seiner Zeit kam, wie Zen, Shingon, Ritsu, Tendai und Nembutsu.

Nichiren sah darin ein großes Problem. In seinen eigenen Worten kann kein Mensch zwei Väter oder zwei Mütter haben, scheinen am Himmel keine zwei Sonnen, und kann kein Land von zwei Königen regiert werden. Doch das war genau das, was zu seinen Lebzeiten geschah.

Die buddhistische Lehre brauchte einen festen Felsen auf dem sie stehen konnte, eine Lehre, eine Wahrheit. Ich denke, an diesem katholischen Institut werden ihnen die Parallelen selbst auffallen."


Sie machte hier eine längere Pause, um die Worte wirken zu lassen.

"Diesen Felsen sah Nichiren im Lotus-Sutra, als die höchste Wahrheit des Buddhismus und die finale Lehre zum Abschluss aller Lehren. Sie sollte den abschließenden Standard darstellen und alle Buddhisten Japans vereinen, im Zustand von Kosen-Rufu. Leider kam es dann anders."

Zur Auflockerung zeigte die nächste Folie einen XKCD-Strip:
standards_2x.png
standards_2x.png (50.59 KiB) 98 mal betrachtet
"Auf jeden Winter wird unweigerlich ein Frühling folgen."
- Nichiren

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Mateo
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Re: Engage, Learn, Grow and Lead (Hifumi, Mateo)

Beitrag von Mateo »

Mateo hörte ihr aufmerksam zu.
Die Worte glitten nicht einfach an ihm vorbei – sie sanken ein, setzten sich, verbanden sich mit Gedanken, die schon lange in ihm lebten.

Es war immer faszinierend, die Geschichte hinter den verschiedenen Ausprägungen von Glauben zu erfahren.
Nicht nur die Lehren selbst, sondern die Wege, auf denen sie entstanden waren.
Die Brüche.
Die Sehnsüchte.
Die Versuche, Einheit zu schaffen – und die Realität der Spaltung.

Was Hifumi sagte, machte Sinn.
Und ja, als Katholik konnte er gut nachvollziehen, was sie meinte.

*Hatte nicht auch Jesus nur einen Jünger auserkoren, der der Fels sein sollte?*
*Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen.*

Und doch…
Sektiererische Streitigkeiten, wie sie es nannte, hatten auch die Kirche immer weiter aufgespalten.
Orthodoxie, Reformation, Gegenreformation, zahllose Bewegungen, die alle glaubten, den wahren Kern zu bewahren und den abschließenden Standard zu haben..

Mateo dachte daran, wie oft Menschen sich trennten, weil sie glaubten, näher an Gott zu sein.
Wie oft Einheit versprochen wurde – und Trennung folgte.

Als der XKCD-Strip auf der Folie erschien, musste er grinsen.
Ein stilles, ehrliches Lächeln.

Es fasste es gut zusammen.
Nicht nur das, was sie über den Buddhismus sagte.
Sondern auch über Glauben im Allgemeinen.

Wie Menschen sich in Details verlieren.
Wie sie sich streiten über Auslegungen, über Worte, über Rituale – und dabei manchmal vergessen, worum es eigentlich geht.

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Hifumi
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Re: Engage, Learn, Grow and Lead (Hifumi, Mateo)

Beitrag von Hifumi »

"...das Lotus-Sutra also, der zentrale Text auf den sich Nichiren bezog.

Ich kann mit ihnen nicht seinen Inhalt Kapitel für Kapitel durchgehen, nicht im Rahmen dieses Vortrags - alleine schon die unterschiedlichen Lesarten zwischen dem ursprünglichen Sanskrit, den Übersetzungen in Mandarin und Kantonesisch über die das Lotus-Sutra in Japan verfügbar wurde, und schließlich die Übersetzung ins Japanische bieten genug Material für buddhologische Debatten, dass sie sich nicht vor der Bibelexegese und den Unterschieden zwischen aramäischer, hebräischer, griechischer und lateinischer Ausgabe verstecken müssen.

Aber ich denke, es gibt zwei Kernlehren, die man hervorheben kann:

Erstens: Ein Vehikel, mehrere geschickte Wege. Es gibt mehrere Wege, um den Pfad zur Erleuchtung zu lehren, je nach Publikum, aber sie alle führen zum gleichen Vehikel, um den den Pfad zu beschreiten.

Zweitens: Alle Wesen haben das Potential, Buddhas zu werden.
Als Mitglied des schwachen Geschlechts verweise ich dabei insbesondere auf das zwölfte Kapitel über die Naga- oder Drachenprinzessin, die trotz ihrer Weiblichkeit ihr Potential verwirklichte, eine Buddha zu werden. Selbst heute gibt es noch buddhistische Schuien, die verneinen Frauen das tun können, ohne den Zwischenschritt zu gehen erst als Mann wiedergeboren zu werden. Für das dreizehnte Jahrhundert war das eine geradezu radikale Haltung."


Die Augen der Dozentin leuchteten hierbei richtiggehend auf, während die Begeisterung in ihrer Stimme hörbar war.

"Aber ich denke, ich habe ihnen genug historischen Kontext gegeben. Für manche vielleicht wichtiger und anschaulicher: Wie sieht die gelebte Glaubenspraktik aus, von uns Anhängern im hier und heute des 21. Jahrhunderts?"
"Auf jeden Winter wird unweigerlich ein Frühling folgen."
- Nichiren

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Mateo
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Re: Engage, Learn, Grow and Lead (Hifumi, Mateo)

Beitrag von Mateo »

Mateo saß still, aber in ihm war Bewegung.
Als Takahashi-san Sanskrit erwähnte, spürte er ein leises Aufleuchten in seinem Inneren.
Er dachte an Tagalog, an die vertrauten Worte, die ihre Wurzeln in einer Sprache hatten, die so alt war wie die Geschichten seiner Vorfahren.

„Guru“ – Lehrer.
„Buddhi“ – Gewissen.
„Asa“ – Hoffnung.

Worte, die nicht nur Bedeutung trugen, sondern Geschichte.
Ein Echo der Zeit vor der Kolonisation.
Ein Beweis für die Verbindung zwischen seiner Kultur und dem indischen Subkontinent – religiös, politisch, sprachlich.

Er fühlte sich für einen Moment eingebettet in etwas Größeres.
Nicht nur als Student, sondern als Erbe.

Die Parallelen zum Christentum überraschten ihn nicht – aber sie berührten ihn.
Die Wege zur Erleuchtung, die Idee eines einzigen Vehikels, das viele Formen annehmen kann…
Es erinnerte ihn an die Gleichnisse, an die Vielfalt der Berufungen, die doch alle zum selben Licht führen sollten.

Und die Drachenprinzessin.
Ein Kapitel, das ihm fremd war – aber dessen Bedeutung ihn traf.
Die Vorstellung, dass alle Wesen Buddhas werden können.
Dass Weiblichkeit kein Hindernis ist, sondern ein Weg.

Er dachte an seine Lola.
An die Frauen in seiner Familie.
An die Stärke, die oft leise war, aber unerschütterlich.

Die Problematik der Übersetzungen – das kannte er.
Kettenübersetzungen, die die Quelle verlieren.
Bedeutungen, die sich verschieben, manchmal ins Gegenteil.

Takahashi-sans Leidenschaft beeindruckte ihn.
Nicht nur ihr Wissen – sondern die Art, wie sie es trug.
Wie ihre Stimme leuchtete, wie ihre Augen das Feuer hielten.

Als sie fragte, was das heute bedeutet, nickte er. Ja, es ist interessant zu erfahren, was all das heute bedeutet.

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Hifumi
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Re: Engage, Learn, Grow and Lead (Hifumi, Mateo)

Beitrag von Hifumi »

Einige Bilder poppten in den folgenden Folien auf. Hifumi und einige andere junge Japanerinnen, wie sie Kinder bespaßten.

"Auf dem Familientag des Japanese Cultural & Community Center konnten wir uns mit unserem seit 2024 Angebot der Kinderbetreuung inzwischen etablieren. Wir bieten hier eine altersgerechte und spielerische Heranführung an das fünfzehnte Kapitel des Lotus-Sutra, über die Buddhas die der Erde entspringen - mit einem Sandkasten, in dem man Säckchen mit Lebkuchen-Buddhas und anderen kleinen Aufmerksamkeiten finden kann. Dazu kommen andere Attraktionen, wie Kinderschminken, ausmalbare Mandalas und so weiter. Insgesamt eine erbauliche Veranstaltung für die Kinderlein, und für meine Mitschwestern in der Young Women Division eine gute Vorbereitung auf ihre zweite und dritte weibliche Gehorsamkeit als Ehefrau und Mutter."

Hifumi sprach beim letzten Punkt nur über ihre Mitschwestern, nicht über sich selbst - ein schlichtes Übersehen, oder ein Freud'scher Versprecher? Mit 25 Jahren war sie schon sehr alt für eine konservative japanische Frau, die weder einen Verlobten noch einen Ehering vorweisen konnte.

Die nächste Folie zeigte Hifumi und einige andere junge Japanerinnen, wie sie in Tukwila Müll aufsammelten, neben einigen Nichtmitgliedern.

"Diesen Sommer haben wir in Tukwila erstmals unsere Müllsammelaktion durchgeführt, nachdem ich mir bei... einer anderen Aktion in Seattle selbst über Ablauf und Organisation von so etwas informiert hatte." Hifumi verschwieg, dass es sich hierbei um den Pride-Clean-Up handelte - ihre Schwestern wäre darüber sehr empört, und sie schätzte auch die Reaktion an einer katholischen Fakultät als eher verhalten ein. "Wir Japaner haben einen Ruf dafür, unseren eigenen Müll hinter uns aufzusammeln, wie die letzten Fußballweltmeisterschaften gezeigt haben, so dass wir erfreulich viel Unterstützung seitens der Stadt und der Bevölkerung mobilisieren konnten. Wir hoffen, auch das hier zu einer dauerhaften Einrichtung machen zu können."
"Auf jeden Winter wird unweigerlich ein Frühling folgen."
- Nichiren

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