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Etwas ist faul im Staate Dänemark [Liam, H.H. Skolem]

Verfasst: Di 11. Nov 2025, 12:57
von Liam Carpenter
Obwohl die Warteschlange mittlerweile bis fast zur Garderobe vorgerückt war, hatte Liam das Kopfschütteln noch immer nicht überwunden. Was ein entspannter Theaterabend hätte werden sollen, war neben einer Serie aus Pleiten, Pech und Pannen, die ihn ohne Begleitung zurückgelassen hatten zu einem absoluten Fiebertraum von Neuinszenierung entwickelt. Eigentlich hatte er Hamlet mit seinem Vater zusammen besuchen wollen. Den hatte allerdings die Grippe seit ein paar Tagen ans Haus gefesselt und die zweite Karte weiterzugeben hatte sich als komplizierter erwiesen als erwartet. Jeder den er gefragt hatte, hatte ihm aus Zeit- und oder Verpflichtungsgründen abgesagt.
Ein Glücksfall für jeden potentiellen Besucher, dem dieser Unfall in fünf Akten erspart geblieben war. Sein Vater wäre sicher ziemlich enttäuscht gewesen. Himmel ER war enttäuscht. Und er besaß nun wirklich nicht dieselbe tiefe Liebe zur klassischen Literatur wie sein alter Herr, auch wenn natürlich etwas davon auf ihn abgefärbt hatte. Da kam mal als Lehrerkind wohl nicht ganz drumherum.
Er seufzte und schüttelte erneut den Kopf.
„Was für ein Fiebertraum… dafür Eintritt zu nehmen ist echt frech.“

Re: Etwas ist faul im Staate Dänemark [Liam, H.H. Skolem]

Verfasst: Di 11. Nov 2025, 14:13
von H.-H. Skolem
"Da kann ich nur zustimmen" erklingt eine zwar warme, doch ebenfalls deutlich verärgerte Stimme hinter ihm. Sie gehört einem Mann Anfang 40 in leicht antiquierter Kleidung, der den jungen Mann vor ihm direkt anschaut, als dieser sich umwendet.

"Ich meine - die Klassiker heißen nicht umsonst so. Eben weil sie zeitlos schön und voll tiefer Erkenntnis und wahrer Kunst sind. Warum glauben sämtliche Zausel von Möchtegern-Regisseuren, dem eine eigene Note aufoktroyieren zu müssen, indem sie ... was war das eben? Nur, damit ich es richtig verstehe ... hat Hamlet seinen wichtigsten Monolog tatsächlich gerappt? Shakespeare würde sich im Grabe umdrehen."

Nun äfft Skolem das Bühnengeschehen nach "Sein oder nicht sein, dass ist hier Frage" dabei hebt er die Hände und macht Bewegungen, die wohl nach Rap aussehen sollen, bei ihm aber noch alberner aussehen als beim Schauspieler auf der Bühne.

Dann schüttelt er bestürzt den Kopf, und lächelt den jungen Mann vor ihm an: "Aber schön, dass ich das nicht allein so sehe."

Re: Etwas ist faul im Staate Dänemark [Liam, H.H. Skolem]

Verfasst: Mi 12. Nov 2025, 08:58
von Liam Carpenter
Liam drehte sich um und musterte den Mann hinter sich in der Schlage kurz. Hätte hier heute tatsächlich eine ernsthafte Hamlet Aufführung stattgefunden und nicht dieser Unfall von Neuinszenierung hätte er perfekt hier her gepasst. Das Moore Theater war das älteste noch erhaltene Theater in der statt und strahlte einen eigenen ehrwürdigen Charme aus den Liam sehr liebte, seit er das erste Mal mit seinem Vater hier gewesen war. Und seinen Gesprächspartner umgab ein Hauch desselben irgendwie anachronistischen, aber einnehmenden Charmes wie der Raum ihn atmete.
„Nicht nur Shakespear.“, antwortete er nicken. Seine enttäuschte Miene wurde dann jedoch von einem schmunzeln aufgehellt als sein Gegenüber so treffend überzogen die Rapeinlage des Möchtegern-Hamlets nachahmte.
„Ganz und gar nicht. Ich bin völlig ihrer Meinung. Nichts an dieser Inszenierung war irgendwie klassisch, zeitlos oder schön.“
Er hörte ein Räuspern hinter sich drehte sich kurz zum Tresen um schenkte der Garderobendame ein entschuldigendes Lächeln und schob ihr seine Marke zu.
„Eigentlich wollte mein Vater mich heute begleiten. Ich denke ich bin froh, dass ihm dieses Desaster erspart geblieben ist. Und glücklicherweise auch jedem anderen dem ich die zweite Karte angeboten habe.“

Re: Etwas ist faul im Staate Dänemark [Liam, H.H. Skolem]

Verfasst: Mi 12. Nov 2025, 11:42
von H.-H. Skolem
Skolem nickt wissend und reicht dann der Garderobendame ebenfalls seine Marke, nimmt den Kutschermantel entgegen und streift ihn über.

"Da kann ich tatsächlich froh sein, allein hier gewesen zu sein. Wenn ich mir auch nur ausmale, einen Bekannten oder sogar Freund mit in diese Farce genommen zu haben - ... " er schüttelt nur angewidert den Kopf. "Zum Glück war das nicht der Fall."

Dann legt sich jedoch eine deutlich zuversichtlichere Miene auf sein Gesicht und Skolem schaut den jungen Mann vor ihm freundlich und aufmunternd an: "Zumindest kenne ich eine hervorragende Bar nicht weit von hier. Nach diesem Reinfall brauche zumindest ich einen Drink. Mögen Sie mir vielleicht Gesellschaft leisten?"

Er lächelt Liam zu, kramt kurz in seinen Taschen und fischt eine Visitenkarte aus einem Silberetui heraus. "Ach ja, da es immer so seltsam ist, mit Fremden zu trinken: ich bin Skolem" - dabei reicht er Liam die Karte.

Re: Etwas ist faul im Staate Dänemark [Liam, H.H. Skolem]

Verfasst: Mi 12. Nov 2025, 14:34
von Liam Carpenter
„Wenn sie sich nicht daran stören, dass ich bei etwas ohne Alkohol bleibe, sehr gerne.“
Der Abend war noch recht jung und nichts trieb ihn morgen früh hoch, also konnte er sich einen kleinen Abstecher durchaus leisten. Zumal ihn der Mann vor sich durchaus neugierig machte. Er wirkte irgendwie… aus der Zeit gefallen.
„Liam. Liam Carpenter.“
Er nahm die Karte entgegen und betrachtete die interessiert. Bestatter… das passte… naja irgendwie ins Bild.
„Freut mich sie kennenzulernen.“
Er warf sich die Jacke über und wartete dann dass Skolem vorausging.

Re: Etwas ist faul im Staate Dänemark [Liam, H.H. Skolem]

Verfasst: Mi 12. Nov 2025, 20:25
von H.-H. Skolem
"Die Freude ist ganz meinerseits, Mister Carpenter" lächelt Skolem ihn an. "Und keine Sorge, wir sind doch alle freie Menschen - ein jeder darf, soll und kann hoffentlich auch das trinken, was er möchte."

Mit schnellen Schritten schreitet Skolem aus dem Moore Theater nach draußen, es wirkt fast so, als wollte er möglichst schnell möglichst viel Abstand zwischen sich und dieser Farce von Theatervorstellung bringen. Dabei kommt er an einem älteren Pärchen, vermutlich um die 60 Jahre, vorbei, das sich gerade über das Stück austauscht:

Er: "Also, ich fand das ja mal richtig erfrischend, den Hamlet so modern inszeniert zu erleben."
Sie: "Ja, vor allem diese Musik-Einlagen. So etwas braucht das Theater, damit man auch die jungen Leute anspricht."
Er: *macht den Rap aus Hamlets Monolog nach* "Sein oder Nichtsein ..." (er fuchtelt ähnlich dümmlich mit den Händen rum, wie es zuvor bereits Skolem tat, doch scheint er das tatsächlich ernst zu nehmen)
Sie: *stimmt mit ein, genau so fuchtelnd* "das ist hier die Frage"

Skolem schaut die beiden völlig entgeistert an, sein Blick schwankt zwischen Abscheu und Ungläubigkeit. "Nein, um Himmels Willen, genau das ist hier leider nicht die Frage. Die eigentlich Frage ist nämlich, wie Sie als Menschen, die anscheinend durchaus kulturaffin sind, diesen Unfug gut finden können? Haben Sie denn gar kein Ehrgefühl im Leib? Hamlets wichtigsten Monolog so zu verunglimpfen - und Sie finden das auch noch gut? Aber - was soll ich sagen? Der Rest ist Schweigen!"

Die letzten Worte, nicht ohne Hintergedanken ebenfalls die letzten Worte Hamlets vor seinem Tod, intoniert Skolem mit einer derartigen Inbrunst, dass sämtliche Passanten um ihn herum aufhorchen. Einzelne Leute, die das Gespräch mit angehört haben, spenden sogar kurz Applaus und zeigen damit, dass sie es ähnlich sehen.

Dann stürmt er geradezu zur Tür hinaus, hält im Eingang stehend jedoch kurz inne, als besinnt er sich, dass da ja noch jemand hinter ihm herläuft. So hält er Liam die Tür auf, schüttelt nur den Kopf und wiederholt: "Ich brauch einen Whiskey - am besten gleich einen Dreifachen."

Auf der Straße angekommen schaut Skolem Liam fragend an. "Mr. Carpenter, kennen Sie das Black Dahlia?"

Re: Etwas ist faul im Staate Dänemark [Liam, H.H. Skolem]

Verfasst: Do 13. Nov 2025, 19:42
von Liam Carpenter
Liam hatte alle Mühe ein Lachen zu unterdrücken und kämpfte sichtlich um seine Contenance, als er die beiden älteren Herrschaften den Hamlet-Dialog in einer solchen Ersthaftigkeit rappen sah. Es war unfassbar amüsant. Allerdings war er zu gut erzogen um seiner Belustigung freien Lauf zu machen. Innerlich allerdings lag er vor Lachen am Boden.
Skolems entsetztes Gesicht und inbrünstige Verteidigung der klassischen Inszenierung trugen dabei einen nicht unerheblichen Anteil dazu bei, dass diese Szene den Charakter eine Komödie bekam. Sie wirkte fast ein bisschen irreal. Wie für einen Film inszeniert.
Er musste sich sputen um am Eingang wieder zu seinem Gesprächspartner aufzuholen.
„Sehr gute Darbietung. Deutlich besser als alles was ich heute Abend hier gesehen habe.“, schmunzelte er schließlich doch und trat nach draußen. Nickte dankend als Skolem ihm die Tür aufhielt.
„Im Black Dahlia war ich letztens zum Karaokeabend. Das Ambiente hat mir sehr gut gefallen.“
Er hatte die Bar als sehr gemütlich und einladend in Erinnerung.

Re: Etwas ist faul im Staate Dänemark [Liam, H.H. Skolem]

Verfasst: Fr 14. Nov 2025, 11:18
von H.-H. Skolem
"Herzlichen Dank", erwidert Skolem und lässt die Tür zufallen, nachdem Liam zu ihm herausgetreten ist. "Vielleicht sollte ich doch vom Bestattungs- ins Schauspielbusiness wechseln" und ein kurzes, aber helles Lachen entrinnt ihm.

"Mit Karaoke kann ich Ihnen jedoch nicht dienen - meine Gesangskünste dürften wohl irgendwo zwischen lausig und grässlich einzuordnen sein",lächelöt

Und so machen sich die beiden auf den Weg ins Black Dahlia, welches nur wenige Gehminuten entfernt ist und definitiv über mehr Kultur verfügt, als der soeben mehr ertragen als gesehene Hamlet.

"Ist der gute Hamlet denn Ihr Lieblingsstück von Shakespeare, Mister Carpenter?"

Re: Etwas ist faul im Staate Dänemark [Liam, H.H. Skolem]

Verfasst: Mo 17. Nov 2025, 17:46
von Liam Carpenter
„Dann haben wir etwas gemeinsam. Ich bin ein grauenhafter Sänger.“
Und nebenbei fühlte er sich in dieser Art von Rampenlicht auch nicht sonderlich wohl. Dabei hatte er nicht grundsätzlich ein Problem damit vor Publikum zu sein. Aber singen… singen fühlte sich einfach abseits des geschützten Rahmens den Stammesfeste und Rituale boten… nicht besonders gut an.
Er schwieg einen Moment nachdenklich und hob dann etwas hilflos die Schultern.
„Ich finde das wahnsinnig schwer zu entscheiden. Shakespeare hat so viele schöne Stücke geschrieben. Ich habe das Gefühl ich würde vielen anderen großes Unrecht tun, wenn ich Hamlet allein auf ein Podest stellen würde. Vor allem den Komödien und Romanzen.“
Zu viele Leute dachten bei Shakespeare immer sofort an die Tragödien. Dabei hatte er auch viele leichtherzigere und trotzdem wunderschöne Stücke verfasst.
„Wie würden sie die Frage beantworten? Ist Hamlet ihr Lieblingsstück?“

Re: Etwas ist faul im Staate Dänemark [Liam, H.H. Skolem]

Verfasst: Mo 17. Nov 2025, 18:20
von H.-H. Skolem
"Mir, muss ich gestehen, fällt die Antwort hier ziemlich leicht, auch wenn ich Ihnen selbstverständlich Recht geben muss, was die Fülle an bemerkens- und bewundernswerten Werken dieses großen Künstlers betrifft. Doch mein persönlicher Favorit ist und bleibt immer noch Macbeth."

Dann schüttelt Skolem den Kopf "wobei ich letztens erst Zeuge des anderen Extrems werden musste. Da fragte jemand nach dessen Erwähnung im Rahmen eines Trauergespräches doch tatsächlich *wer ist Shakespeare?* und nannte ihn nach meiner Erklärung auch noch *Shaky*. Ich gestehe, ich bin bald vom Glauben abgefallen."

Skolem schüttelt nur den Kopf, widmet sich dann aber schnell wieder Liam zu. "Darf ich fragen, was Sie beruflich machen, Mr. Carpenter?"