Royal Flush [Liam, Anastasia (SL)]

[Liam Carpenter]

Für einen kurzen Moment zog er in Betracht zu versuchen den Feueralarm zu betätigen. Es war eine verlockende Idee mit der sich die angespannte für ihn völlig unverständliche Situation in helle Panik auflösen würde. Aber so etwas funktionierte immer nur in Filmen reibungslos. Im echten Leben gab es in solchen Situationen oft verletzte. Im schlimmsten Fall konnten Menschen dabei sterben. Deswegen verwarf er den Gedanken so schnell wie er gekommen war. Jedenfalls für den Augenblick.
Und… so erschreckend die Gestalt auch aussah. Er hatte keine Ahnung wer sie war oder was sie wollte. Vielleicht hatte sie einen guten Grund hier zu sein. Eine Berechtigung für das was sie tat oder tun würde. Vielleicht war es sogar nötig und wichtig. Er verstand nicht einmal einen Bruchteil der neuen Welt die sich für ihn aufgetan hatte. Hatte nichts worauf er ein Eingreifen seinerseits, in welcher Art auch immer, hätte gründen können. Also tat er das seiner Meinung nach nächst naheliegenden.
„Ich werde nach drüben gehen und fragen warum…“
Er zuckte zusammen als um ihn herum Applaus aufbrandete. Er war so eingenommen von den Vorgängen auf der Tribüne gewesen, dass er nicht mitbekommen hatte, dass die erste Runde endete. Ein schneller Blick über die Brüstung verriet ihm, dass Anastasia offensichtlich gut abgeschnitten hatte. Wenn man das wirklich anhand der großen Menge an Chips sagen konnte die sich zu sich herüberzog.
„… fragen warum er, es oder sie hier ist.“, beendete er den Satz den er begonnen hatte und suchte sich dann seinen Weg durch die Zuschauer in Richtung der reglosen Gestalt.

[Mystiker]

"Und zu mir sagen sie ich wäre nur ein Otter ohne Gehirn, aber mit Zauberhut!" antwortete Lontra, während sie die Pfoten in die Luft hob und verzweifelt vor Liam auf und ab ging, der sich davon aber nicht aufhalten lies. "Lass dich besser nicht umbringen!"

Liam bemerkte, während er sich durch die Besucher schlängelte, immer wieder dass nun auch ein junger Mann begann sich nicht sonderlich wohl zu fühlen. Er hielt sich den Kopf und schien ebenso Zuckungen zu haben, was aber die restlichen Zuschauer gar nicht wahrzunehmen schienen. Viel zu gebannt waren sie von dem Spiel unter ihnen, welches wohl auch gerade wieder an Fahrt aufnahm.

Als er bei Gestalt ankam, reagierte diese überhaupt nicht auf ihn. Sie schien auch nichts direkt zu beobachten und die Menschen um die Gestalt schienen diese auch nicht wahrzunehmen.

Die Gestalt war halb durchsichtig. Beschienen von einem fahlen grünlichen Licht, welches keine Qualle in dieser Halle zu haben schien.

[Liam Carpenter]

Die Gestalt schien ihn weder wahrzunehmen noch reagierte sie auf ihn. Sie zeigte keinerlei Regung. Er konnte nicht einmal sagen ob sie irgendetwas anderes hier im Raum zur Kenntnis nahm, weil er ohne das Gesicht unter der Kapuze erkennen zu können die Blickrichtung in die sie sah nicht einschätzen konnte.
Das sie allerdings irgendeine Art von Einfluss auf ihre Umgebung nahm war eindeutig. Denn neben der jungen Frau die ihren Platz mittlerweile verlassen hatte zeigte mittlerweile ein anderer Gast im direkten Umfeld der Gestalt dieselben Symptome von… Liam konnte es am ehesten als Unwohlsein interpretieren.

„Hey… alles okay? Sie sehen ganz blass aus. Geht’s ihnen gut?“, sprach er den jungen Mann an. Vielleicht konnte das was der andere gerade durchmachte ihm dabei helfen zu verstehen was das Wesen tat. Außerdem konnte er eine gewisse Sorge nicht ganz leugnen.

[Mystiker]

der Mann den Liam ansprach begann zu zittern und ich an den Kopf zu greifen. "Hnnngghhh!" brachte er hervor und krümmte sich. Sein Blick hob sich und sah Liam an. Die Augen des Mannes waren anders. Die Pupillen waren geschlitzt, wie bei Katzen...oder Schlangen. Die Atmung des Mannes war schnell und flach. "Mach das es aufhÖÖRT!" der junge Mann wurde lauter. "RAAAAHHHHHH!!"

Der Schrei des Mannes war von Schmerz und Agonie geprägt, während seine Haut sich dunkel verfärbte und seine Arme dicker wurden. Seine Kleidung riss auf, während der Körper immer muskulöser wurde und sich die Haut lila verfärbte. Um Liam herum schienen auch die ganzen anderen Gäste das langsam mitzubekommen und panische Schreie breiteten sich aus.

Die Hände des Mannes wurden zu Klauen und ein unheimlich schneller Schlag zerschnitt den Körper eines Mannes neben Liam beinahe direkt in der Mitte hindurch und Blut flutete den Boden, während das Monster in das sich der Mann verwandelt hatte ein gutturales Gebrüll ausstieß.

[Liam Carpenter]

Für einen Moment setzte Liams Verstand einfach aus. Unfähig zu verarbeiten was gerade geschah. Er hatte ihm noch anbieten wollen einen Krankenwagen zu rufen oder den Mann zumindest nach draußen zu begleiten wo es ruhiger war, als er sich plötzlich zu verändern begann. Zu etwas unmenschlichen, monströsem wurde das er weder fassen noch benennen konnte. Blut spritzte ihm ins Gesicht. Regnete wie ein warmer Schauer auf seine Haut. Und endlich übernahm sein Überlebensinstinkt die Kontrolle und ermöglichte ihm zu handeln.
„Raus hier! Alle raus!“
Er stieß die schockstarren Menschen neben sich an. Drängte und schob wen er erreichen konnte mit sich in Richtung Durchgang und trieb die Leute vor sich her so gut er konnte. Hatte aber keine Ahnung ob er damit überhaupt irgendeinen Effekt erzielte, während alles um in herum in heillose Panik verfiel. Vielleicht bewegten sich die Leute auch nur in dieselbe Richtung, weil sie genauso zu flüchten versuchten wie er. Die Welt um ihn herum versank von einem zum anderen Moment in völliges Chaos.
Sein Blick fiel auf einen Feuerlöscher. Er hatte keine Ahnung wo er den Mut dafür hernahm oder ob der Gedanke aus purer Todesangst geboren war. Aber er hielt inne. Wollte ihn aus der Wandhalterung reißen und sich dem Ding irgendwie, mit irgendwas entgegen zu stellen. Doch von hinter ihm drängten noch weitere Menschen nach vorne und er wurde zur Seite gerempelt. Dabei verlor er das Gleichgewicht und stolperte gegen die Wand. Und das rettete ihm in diesem Moment vermutlich das Leben. Denn dort wo eben noch sein Rücken gewesen war zerschnitt einen Lidschlag später die Klaue der Kreatur die Luft.

[Mystiker]

Gerade, als Liam sich umdrehte um, wieder aufzustehen, sah er wieder eine Klaue auf sich zurasen. Sein Fuß rutschte beim glatten Boden weg, was ihm ein wegrollen unmöglich machte. Er riss seine Hände vors Gesicht, um sich zu schützen, auch wenn das wahrscheinlich wenig Sinn machen würde. Das nächste was er spürte war der Schmerz. Das Gefühl zu fallen, einen wirklich markerschütternden Schrei in seinem Kopf. Sein ganzer Körper fühlte sich an, als würde er von tausenden Scherben in Stücke gerissen und gleichzeitig ging all dieser Schmerz tiefer, als nur sein Fleisch. Es war als würde seine Seele zerfetzt. Als würde Lontra in diesem Moment zerrissen.

Dann schlug er auf hartem Boden auf. Auch, wenn das Geräusch in seinen Ohren irgendwie dumpf und hallend klang. Die Schreie der Menschen waren verstummt. Die Luft um ihn herum roch nicht mehr nach Alkohol und Zigaretten und auch die Temperatur hatte sich irgendwie geändert. Sein Körper schmerzte...aber es war nicht so schlimm, wie es nach einem Schlag mit der Klaue hätte sein müssen.

"Das war knapp. So eine Scheiße!" knurrte währenddessen Anastasia neben Liam. Als Liam die Augen öffnete hatte sich seine Umgebung ziemlich verändert. Über ihm war immer noch das Dach des Casinos, aber irgendwie einige Meter weiter oben und da waren Lichtpunkte, wie Glühwürmchen, die in der Luft schwebten. Menschen sah er außer Anastasia keine. Auch das Monster war nicht mehr zu erblicken. Die Einrichtung aus Pokertischen fehlte ebenso, wie einige der Säulen auf denen die Balustrade hätte halten sollen. Über all dem lag ein grünlicher Schimmer, als wäre alles in fahles Mondlicht getaucht, welches durch einen dünnen, fast unsichtbaren Nebel schien.

[Liam Carpenter]

Für Liam verschmolzen all diese einzelnen Eindrücke zu einem Potpourri der Qual. So überwältigend, dass er vieles davon lediglich in Fragmenten erlebte die sich überlagerten, ineinander flossen sich gegenseitig aufpeitschten und dabei seine Sinne so sehr überforderten, dass sie ihn regelrecht betäubten. Er konnte kaum unterscheiden ob es die Kralle der Kreatur war die durch seine Gedanken schnitt, oder der Scherbenregen aus Schmerz der ihn so plötzlich umfing.
Für einen Moment war er der Mann der in zwei Hälften gerissen wurde. Wusste er nicht wessen Blut auf seine Haut traf. Das der Leute um ihn herum oder sein eigenes. War dieses Gefühl überhaupt real oder waren diese heißen Sprenkel die sich wie glühende Funken in ihn bohrten gar nicht körperlich… Fühlte sich sterben so an… Falls er starb, dann war das echt ne scheiß Tortur. Nichts mit Licht und Frieden und ewigen Jagdgründen.
So schnell wie alles um ihn herum in Chaos versunken war, so abrupt ebbte der Sturm auch wieder ab und eine geradezu greifbare, unheimliche Stille senkte sich über ihn. Lediglich durchbrochen von dem verzerrten Echo das sein Körper erzeugte als er auf harten Boden traf und Anastasias geknurrtem Fluch. Entweder waren sie also beide tot. Das konnte er sich irgendwie nicht so recht vorstellen. Unwahrscheinlich, dass sie sich dasselbe Nachleben teilten. Oder er war irgendwie immer noch am Leben. Dafür sprach auch der irgendwie unbestimmte Schmerz der in seinen Gliedern pochte.
In Gedanken tastete er in seinem inneren nach Lontra.
~ Geht es dir gut? ~, formulierte er eine stumme Frage, bevor er die Augen öffnete und sich umblickte. Sich ein Stück hoch rappelte.
Etwas in ihm war überzeugt davon das jetzt eigentlich ein guter Moment war in kopflose Panik zu verfallen oder wahlweise den Verstand zu verlieren. Aber der Schock der Veränderung hatte etwas ganz und gar Ernüchterndes. Er duldete für den Moment keine anderen Gefühle neben sich. Selbst die Angst die ihn gerade noch so fest im Griff gehabt hatte verblasste im Angesicht der Unmöglichkeit dessen was er sah. Und was übrig blieb war ein reines, wenn auch völlig irrationales, Staunen. Wie ein Kind streckte er die Hand aus um einen der Lichtpunkte zu berühren.
„Wo… wo sind wir?“

[Mystiker]

In seinem Kopf hörte Liam nur ein gequältes Fiepen von Lontra, aber nicht viel mehr. Sie war für ihn im Moment auch nicht zu sehen. Er spürte ihren unterdrückten Schmerz der nicht körperlich war. Es war ein seelischer, psychischer Schmerz.

Anastasia sah auf ihre Handfläche aus der schwarze Asche zu Boden rieselte. "Och man. Ich mochte den Anhänger" seufzte sie, blickte dann aber zu Liam und kam zu ihm herüber, um ihm aufzuhelfen. Nicht ohne sich die Hände vorher abgeklopft zu haben. "Wir sind im Umbra. Der Geisterwelt." Sie lächelte und sie schien keinerlei Angst zu haben, obwohl die Gestalt mit der Sense immer noch über ihnen auf der halbfertigen Balustrade stand. "Im Nahen Umbra, um genau zu sein. "Einer Spiegelwelt des...Tellurischen. Der Welt in der du und ich aufgewachsen sind." erklärte sie. Dann wurde sie ernst. "Was ist da oben passiert?"

[Liam Carpenter]

Lontras Stimme zu hören erleichterte ihn ebenso wie ihr Tonfall ihn besorgte. Während er die körperlichen Konsequenzen der Ereignisse spürte schien sie von den Nachwirkungen auf einer anderen Ebene betroffen zu sein. Es war vielleicht eine schräge Art von Selfcare. Aber die kleine, vorlaute Otterin war für ihn in den letzten Wochen zum ständigen Begleiter geworden und ihm wie ein Familienmitglied ans Herz gewachsen. Zu hören dass sie litt machte ihn sehr betroffen. Vor allem weil er sich im Moment nicht in der Lage sah ihr zu helfen. Hoffentlich brauchte sie nur etwas Zeit sich zu berappeln.

Er ließ sich von Anastasia auf die Beine helfen und sah sich um. Zuckte heftig zusammen als er die Gestalt auf der Balustrade stehen sah. Die Erinnerung die sein Verstand gerade in einer Notfallrettungsmission im hintersten Winkel seines Bewusstseins verbarrikadiert hatte brandete gegen die behelfsmäßige Mauer. Tropften wie Wasser durch einen brüchigen Damm. Einzelne Bilder irrlichterten wie Sterne durch seinen Verstand. Klauen. Schreie. Flüchtende Menschen. Die Augen des jungen Mannes die so ganz und gar unmenschlich gewirkt hatten. Verzweifelt stemmte er sich mit aller Macht gegen den Damm. Wenn er jetzt brach, dann würde er nicht mehr handlungsfähig sein. So viel wusste er. Früher oder später würde er sich mit diesen Eindrücken auseinandersetzen müssen. Aber aktuell konnte er ihnen keinen Raum geben. Er würde schlicht und einfach in ihnen ertrinken. Der Bilderstrom ebbte langsam ab auch wenn seine Hände immer noch zitterten. Es vergingen ein oder zwei Herzschläge bevor er Anastasia antworten konnte und in denen er kreidebleich geworden war.
Dass er beim Anblick der Gestalt nicht in Panik verfiel war einzig und allein ihrer Gelassenheit geschuldet.

Hatte er im Casino noch geglaubt dass dieses Wesen der Auslöser für all das Chaos gewesen war. Kam ihm das angesichts ihrer völlig unbeeindruckten Reaktion plötzlich vollkommen abwegig vor.

"Ich... ich weiß nicht. Der Mann schien irgendwie Schmerzen zu haben. Also habe ich ihn angesprochen um zu sehen ob ich ihm helfen kann. Er ist... Ich finde kein besseres Wort dafür: plötzlich regelrecht mutiert und hat wahllos Leute angegriffen."
Er zuckte hilflos mit den Schultern, weil er nicht wusste wie er das was er gesehen hatte besser beschreiben sollte. Mutiert war das einzige Wort das dem nahe genug kam.
"Ich dachte eigentlich das Wesen wäre dafür verantwortlich."
Er sah zur Balustrade hoch wo die Gestalt immer noch reglos verharrte. Dann suchte sein Blick Anastasias Gesicht. Sorge und Hilflosigkeit flackerten darin.
"Was ist mit den Leuten? Wir müssen den Leuten im Casino helfen."

[Mystiker]

Anastasias Augen verengten sich nachdenklich, während sie sie Arme vor dem Bauch verschränkte und weiter zur Balustrade hinauf blickte. "Nein. Nein dieser Geist hat das nicht zu verantworten. Er taucht nur auf, wenn viele Wesen sterben....wenn es zu so etwas wie hier kommt. Schicksale enden hier. Und nichts und niemand hätte das verhindern können." sie schüttelte den Kopf und blickte Liam dann an. "Ich glaube wir können ihnen nicht mehr helfen. Es ist vorbei. Das Monströse Ding ist...zusammengebrochen und hat sich zurück verwandelt." Kurz hatte Liam das Gefühl auf Anastasias Rücken zwei Schwingen erkennen zu können. Weiß leuchtend, geisterhaft aber der Moment verging so schnell wie er gekommen war.

"Wir sollten nicht hier bleiben. Es werden noch andere Geister hier auftauchen. Dann sollten wir nicht mehr hier sein. Komm." Mit diesen Worten ging sie Richtung der Tür, des Casinos.