Dem Tode ganz nah (H.-H., Mateo)

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Mateo
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Registriert: So 31. Aug 2025, 14:42

Re: Dem Tode ganz nah (H.-H., Mateo)

Beitrag von Mateo »

Mateo stand still in der Tür, die Hand locker am Rahmen, während seine Augen den beiden Männern folgten.
Die Szene hatte etwas Eigenes – etwas, das sich nicht ganz greifen ließ.

Er hatte die Worte gehört.
Geflüstert, fast wie ein Gebet.
Und die Kekse… das Kauen, das Schlucken, das gleichzeitige Handeln.

Ein Teil von ihm wunderte sich.
Ein anderer war still beeindruckt.

Als Skolem ihn ansah und sprach, nickte Mateo leicht.
„Freunde sind niemals falsch.“

Seine Stimme war ruhig, fast weich. Innerlich dachte er sich *Und ich hoffe, wir sehen uns nicht zu bald wieder… nicht, weil er keinen netten Eindruck macht. Sondern weil ich dann wahrscheinlich wieder neben einem Toten sitzen würde.*

Ein schwaches Lächeln huschte über seine Lippen, ehrlich und ein wenig müde.

Er trat einen Schritt weiter in den Raum, sah auf die Bahre, dann wieder zu Skolem.
„Was war das eben? Das was sie gemacht haben?“

Sein Blick war offen, nicht misstrauisch, sondern neugierig.
„War das eine Art Ritual? Eine letzte Geste? Was bedeutet es… und woher kommt es?“

Mateo sprach leise, mit Respekt. Mit dem Wunsch, es zu verstehen.

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H.-H. Skolem
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Re: Dem Tode ganz nah (H.-H., Mateo)

Beitrag von H.-H. Skolem »

Und Skolem schaut den jungen Mann nur an, legt den Kopf schief, als würde er kurz nachdenken, richtet ihn aber alsdann so schnell auf, als wäre nie etwas geschehen.

"Das, mein neuer Gefährte (das Wort erklingt mit einem deutlichen Unterklang, fast wie eine Beschwörung) war nichts als ein Gruß. Indem wir über dem Leichnam eines Verstorbenen etwas zu uns nehmen, essen wir sinnbildlich seine Sünden. Früher nannte man uns auch Sin-Eater. Doch das muss an dieser Stelle genügen."

Skolem schaut sich kurz um, entdeckt Nepomuk in einer Nische, lächelt, und trägt die Bahre mit dem Leichnam zusammen mit Bob hinaus zum Leichenwagen.

"Nepi, mein Lieber - wenn du heute noch Nachtfutter willst, solltest du mitkommen" spricht er nur leise, aber doch deutlich hörbar in den Raum. Daraufhin macht sich de kleine Kater auf die Pfoten und springt auf den Beifahrersitz des Leichenwagens. Ein kurzes hin und her - und dann haben alle ihre Plätze gefunden.

Als der Wagen anfährt, drückt Skolem das Fenster einen kleinen Spalt nach unten, schaut noch einmal auf das Gebäude, aus dem Mateo gerade tritt. Er blickt direkt in seine Richtung, schaut ihm ohne Umschweife in die Augen. Worte bilden sich auf seinen Lippen, die Mateo niemals hören könnte, doch instinktiv versteht er ihrer Bedeutung: "Freund".

Und damit wendet sich Skolems Blick von der Straße, vom Auto, von allem um ihn herum. Und ein einsamer 50-Dollar Schein segelt aus dem Fenster, segelt auf den Asphalt und bleibt in einer kleinen Pfütze liegen, während Skolem (wieder einmal) lächerliche Konversation mit seinem Uber-Fahrer betreibt.

Allein Mateo hat ganz kurz das Gefühl, als wäre dieser Schein ... wie soll man es ausdrücken? ... mehr als nur eine milde Gabe?

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Mateo
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Re: Dem Tode ganz nah (H.-H., Mateo)

Beitrag von Mateo »

Mateo blieb stehen, die Tür hinter sich leise ins Schloss gefallen.
Der Abend war kühl geworden, die Luft roch nach Asphalt und feuchtem Laub.

Er sah dem Wagen nach, wie er langsam die Straße entlangrollte.
Skolem hatte ihm in die Augen gesehen – direkt, ohne Umschweife.
Und obwohl Mateo die Worte nicht hören konnte, hatte er sie gespürt.
„Freund.“

Ein seltsames Wort in diesem Moment.
Zu groß für die Kürze der Begegnung.
Und doch… es hatte sich so angefühlt, als wäre es mehr.

Als der Schein aus dem Fenster segelte, folgte Mateos Blick ihm wie einem Zeichen.
Er ging langsam darauf zu, bückte sich und hob ihn auf.
Ein 50-Dollar-Schein, leicht feucht, aber unversehrt.

Er drehte ihn zwischen den Fingern, betrachtete ihn.
War das einfach nur eine Geste?
Oder ein Teil eines größeren Rituals?

In Gedanken wanderte er zurück zu den Prozessionen auf den Philippinen.
Zu den Münzen, die geworfen wurden, wenn ein Leichenzug vorbeizog.
Ein symbolischer Obolus für die Reise ins Jenseits.
Ein Zeichen des Respekts – und der Hoffnung, dass die Seele nicht zurückkehrt, um Unruhe zu stiften.

Vielleicht war das hier etwas Ähnliches.
Vielleicht war Skolem mehr, als er vorgab.
Ein komischer Kauz, ja – aber mit... Tiefe.

Dann sah er dem Wagen nach, bis er um die Ecke verschwunden war.
Und für einen Moment war alles still.
Nicht leer.
Nur still.

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Mateo
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Re: Dem Tode ganz nah (H.-H., Mateo)

Beitrag von Mateo »

Mateo wird von einem Kommilitonen gebeten, auf den Bestatter zu warten, um dessen Vater abzuholen. Er lernt H.-H. Skolem kennen und führt mit ihm ein kurzes Gespräch. Ist Skolem mehr als ein komischer Kauz? Sind seine "Rituale" mehr als nur leere Gesten? Die kurze Begegnung konnte es nicht enthüllen, doch wer weiß, was die Zukunft bringt.


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