Engage, Learn, Grow and Lead (Hifumi, Mateo)

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Mateo
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Re: Engage, Learn, Grow and Lead (Hifumi, Mateo)

Beitrag von Mateo »

Mateo hörte weiter aufmerksam zu, sein Blick wanderte zwischen den Folien und Hifumis Gesicht.
Die Kinderbetreuung – das war wirklich eine gute Sache.
Er konnte sich vorstellen, wie die kleinen Hände nach den Lebkuchen-Buddhas griffen, wie Mandalas ausgemalt wurden, wie Lachen durch das Community Center hallte.

Doch dann stockte er.

„Zweite und dritte weibliche Gehorsamkeit…“

Die Worte hallten in ihm nach.
Hatte Takahashi-san nicht eben noch gesagt, dass Nichiren Daishonin ein Vorkämpfer für die Gleichberechtigung von Frauen gewesen sei?
Dass ihr Glaube Frauen stärkte, als es noch nicht Common Sense war?

Und jetzt sprach sie von Gehorsam.
Von Ehefrau und Mutter.
Von Vorbereitung.

Aber nicht von sich selbst.
Nur von ihren Mitschwestern.

Mateo runzelte leicht die Stirn, versuchte, den Widerspruch zu greifen. Irgendwie hörte es sich gerade eher wie eine Sekte an, als wie die beschauliche Glaubensgemeinschaft vom Anfang.

Er sagte nichts, aber sein Blick blieb wach.
Wertfrei, aber nicht blind.

Die Müllsammelaktion gefiel ihm wieder.
Das war etwas Greifbares.
Etwas, das sich nicht in Ideologie verlor.

Er hatte selbst davon gehört – wie japanische Fans nach dem Spiel das Stadion aufräumten, bevor sie feierten.
Mateo fand das bewundernswert.
Ein stiller Akt der Verantwortung für die Gemeinschaft und die Welt.

Aber der Widerspruch mit den Frauen ließ ihn nicht los.
Er spürte, wie sich etwas in ihm regte – nicht als Kritik, sondern als Frage.
Eine Frage, die vielleicht nicht sofort gestellt werden konnte.
Aber die blieb.

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Hifumi
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Re: Engage, Learn, Grow and Lead (Hifumi, Mateo)

Beitrag von Hifumi »

Als letzte Folie ploppte ein Mandala hinter Hifumi auf:
Rinmetsudojihonzon.jpg
Rinmetsudojihonzon.jpg (99.38 KiB) 76 mal betrachtet
"Zum Abschluss das Gohonzon, das kalligrafische Mandala das Nichiren selbst und seine Jünger uns hinterließen, um unseren Chant darauf zu fokussieren. Dieser Chant is das Daimoku, auf japanisch Name-Myoho-Renge-Kyo - übersetzt in etwa Gepriesen sei das Lotus-Sutra. Ich werde ihnen nun unsere Gebetspraxis demonstrieren."

Hifumi wandt ihren Rücken dem Publikum zu, und fokussierte sich voll auf das projezierte Gohonzon. Geschickt nestelten sich ihre Hände durch die pinken Plastikperlen ihrer Gebetskette.

"Nam-Myoho-Renge-Kyo! Nam-Myoho-Renge-Kyo! Nam-Myoho-Renge-Kyo!"

Aufmerksame katholische Ohren und Augen vermochten darin Ähnlichkeiten zur Praxis des Rosenkranzes entdecken. Oberflächlichere Sinne es einfach als fremdartig und fremdländisch empfinden. Aber Hifumi ließ sich davon nicht beirren, und drehte sich um, lächelnd.

"Ich danke Ihnen für ihre Aufmerksamkeit für meinen Vortrag. Wie schon gesagt stelle ich mich gerne Ihren Fragen, sowohl zu meinem Glauben als auch zu meinen Nebentätigkeiten wie der Gefängnisseelsorge."
"Auf jeden Winter wird unweigerlich ein Frühling folgen."
- Nichiren

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Mateo
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Re: Engage, Learn, Grow and Lead (Hifumi, Mateo)

Beitrag von Mateo »

Mateo saß still, die Hände locker auf den Oberschenkeln, während der Chant durch den Raum hallte.
„Nam-Myoho-Renge-Kyo…“

Er versuchte, seine Gedanken zu bündeln.
Der Widerspruch, der ihn zuvor beschäftigt hatte, war noch da – aber für einen Moment trat er in den Hintergrund.

Die rhythmische Wiederholung, das gleichmäßige Fließen der Silben…
Es erinnerte ihn an den Rosenkranz.
An die Stille, die sich manchmal beim Beten einstellte.
An das Gefühl, dass Worte nicht nur gesprochen, sondern getragen werden.

Viele Religionen kannten diese Form des Gebets.
Meditativ.
Wiederholend.
Ein Weg, sich zu sammeln.

Als Hifumi endete, klatschte Mateo mit den anderen.
Nicht laut, aber ehrlich.

Dann hob er die Hand.
Wartete, bis sie ihn aufrief.

Sein Blick war ruhig, seine Stimme klar:
„Vielen Dank für Ihren Vortrag, Takahashi-san.“

Ein kurzer Moment des Respekts.

„Mich würde interessieren, wie Ihre Erfahrungen mit der Gefängnisseelsorge sind. Im Allgemeinen – aber auch speziell als Vertreterin einer kleineren Glaubensgemeinschaft.“

Er ließ die Frage offen klingen, nicht konfrontativ.
Nur neugierig.
Ehrlich interessiert.

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Hifumi
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Re: Engage, Learn, Grow and Lead (Hifumi, Mateo)

Beitrag von Hifumi »

Aufmerksam lauschte Miss Takahashi der Frage, während sie den Zuhörer studierte. Asiate, wenn auch etwas dunkel für einen Ostasiaten - vielleicht Südasiate, etwa aus Thailand, Vietnam oder von den Philippinen?
Sehr attraktiv und mit Ausstrahlung, wenn Hifumi entsprechende Neigungen hätte wäre sie sicher interessiert geworden.

"Die Gefängnisseelsorge ist ein sehr undankbares und zermürbendes Feld, einerseits sehr unterbesetzt, andererseits mit besonders herausfordernden Probanden.

Die Leute die im Gefängnissystem landen kommen oft aus einem schwierigen Zuhause, und zu dem Zeitpunkt wo ich mit ihnen in Kontakt komme sind die Weichen in ihrem Leben oft schon falsch gestellt - Gewalterfahrungen, Mißbrauchserfahrungen, Sucht nach Alkohol und anderen Drogen, dazu sind diese Menschen oft in einer schulischen oder beruflichen Sackgasse gelandet, in der sie nur noch Kriminalität als Ausweg sahen."


Sie machte eine kurze Pause.

"Es ist kein Seelsorgefeld für besonders sensible Gemüter, für Leute die ungelöste und unlösbare Probleme in sich hinein fressen, persönlich nehmen und sie mit nach Hause nehmen. Man kann nur triagieren, versuchen denen zu helfen die sich auch tatsächlich helfen lassen wollen, und man muss irgendwann einen Schnitt machen und den Arbeitstag für beendet erklären. Bis hier hin und nicht weiter.

Man muss seine Grenzen erkennen, alles andere führt nur früher oder später in die Depression oder den Burnout."


Sie schob erneute eine kurze Pause ein, bevor sie zum zweiten Teil der Frage kam.

"Buddhisten machen nur einen winzigen Bruchteil der Gefängnispopulation aus, sehr viel kleiner als in der Gesamtpopulation. Der Großteil meiner Probandinnen besteht aus Apatheistinnen, überwiegend kulturell christlich geprägt, aber ohne echte Bindung an Kirche oder Glaube. Insassinnen mit stärkerer christlicher Prägung wenden sich eher an die personell stärker aufgestellten Programme der jeweiligen Konfessionen.

Ihre Erfahrungen werden vielleicht anders sein, wenn sie im Rahmen eines katholischen Programms mit stärker christlich geprägten Probanden arbeiten, aber mit religiös geprägten Appellen an Moral, an punitive Konsequenzen, an Langzeitfolgen komme ich nicht weiter. Da machen die Insassinnen sofort zu und lassen mich auch nicht mehr an sich heran.

Ich profitiere hier oft mehr von den Vorlesungen in Sozialarbeit und Psychologie, die ich besucht habe, als von meinem buddhologischen Major. Aktiv zuhören, das empathische Grunzen einstreuen, und vorsichtig Lösungsvorschläge unterbreiten. Das ist oft der einzig gangbare Weg, und doch fühlt man sich am Ende des Arbeitstages oft so, als hätte man ihn damit zugebracht den Pazifik mit einem Teelöffel zu leeren."
"Auf jeden Winter wird unweigerlich ein Frühling folgen."
- Nichiren

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Mateo
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Re: Engage, Learn, Grow and Lead (Hifumi, Mateo)

Beitrag von Mateo »

Mateo hatte aufmerksam zugehört, jede Nuance in Hifumi Takahashis Stimme aufgenommen wie ein Schüler, der nicht nur lernen, sondern verstehen wollte.

Als sie geendet hatte, neigte er leicht den Kopf, nicht nur aus Höflichkeit, sondern aus ehrlicher Anerkennung.
„Vielen Dank für Ihre Einsichten, Takahashi-san. Und für Ihr Engagement.“

Seine Stimme war ruhig, aber warm.
„Es klingt nach einer Aufgabe, die viel fordert… aber auch viel zurückgeben kann. Vielleicht nicht sofort, vielleicht nicht immer sichtbar – aber ich glaube, dass Ihre Arbeit Spuren hinterlässt. Selbst wenn es sich manchmal wie ein Teelöffel gegen den Pazifik anfühlt.“

Dann schwieg er, ließ den Raum wieder den anderen.
Er würde warten, bis alle Fragen gestellt waren, bis der offizielle Teil vorbei war.

Aber in seinem Blick lag etwas Offenes, ein stiller Wunsch.
Wenn es sich ergab, würde er Takahashi-san gerne noch einmal bilateral sprechen.

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Hifumi
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Re: Engage, Learn, Grow and Lead (Hifumi, Mateo)

Beitrag von Hifumi »

"Oh, Erfolgserlebnisse gibt es natürlich auch, aber oft nur im kleinen.

Viele Probandinnen vom Justizsystem und seiner Bürokratie überfordert. Auch wenn es nicht meine Kernkompetenz ist - es hilft den Insassinnen oft, einfach mit jemand Neutralem sprechen zu können, der nicht zum Strafsystem selbst gehört, dem Siegel der Verschwiegenheit unterliegt und den scheinbar unerklimmbaren Berg in einfachere Wörter und kleinere, übersichtliche Stufen runterbrechen kann. Für das Justizsystem ist da nur eines von hunderttausenden Aktenzeichen, aber für die jeweilige Frau ist das ein wichtiger persönlicher Schritt vorwärts aus der Ohnmacht."


Etliche weitere Fragen prasseln auf Takhaashi-san ein. Zum Buddhismus im allgemeinen. Zum Leben in Japan. Zur Gefängnisseelsorge. Ob sie Karate kann. (Nein, kann sie nicht, und auch kein Judo oder Ninjutsu oder sonst einen Kampfsport.) Was ihr Lieblings-Anime ist. (Takahashi-san kennt sich da nicht aus, sie hat seit ihrer Kindheit keinen Zeichentrick mehr geschaut.) Ob sie jemanden kennt der bei Nintendo arbeitet. (Nein.) Ob sie eine Empfehlung für ein Restaurant in Seattle hat, das Chicken-Sashimi anbietet. (Takahashi-san ist Vegetarierin aus religiöser Überzeugung, aber kann zwei bis drei Sushi-Restaurants in Chinatown empfehlen, die einen guten Eindruck auf sie gemacht haben und die auch Sashimi führen.)
Mit fortschreitender Stunde werden die Fragen immer stereotypischer, und Takahashi-san wirkt zunehmend genervt. Bei der Frage, ob sie sich für ihren Boyfriend´oder Verlobten mit einem Sailor-Fuku und Kniestrümpfen präsentieren würde, bricht sie die Fragerunde ab.

"Wir sind im Bereich höchstpersönlicher Fragen angekommen, die niemanden etwas angehen und sich weit vom Thema des Vortrags entfernen. Ich danke Ihnen dennoch für ihr Interesse.
Hier sehen Sie noch einmal meine E-Mail-Adresse und die Facebookseite meiner örtlichen YWD-Gruppe. Wenn Sie wollen, können Sie mich gerne hierüber kontaktieren."


Hifumi verneigt sich erneut in Richtung der Studierenden, und verlässt dann fast schon fluchtartig die Bühne. Die letzte Frage scheint sie persönlich besonders aufgewühlt und vielleicht auch verletzt zu haben.
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Mateo
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Re: Engage, Learn, Grow and Lead (Hifumi, Mateo)

Beitrag von Mateo »

Mateo hatte den Fragen aufmerksam gelauscht, zunächst mit ehrlichem Interesse, dann zunehmend mit wachsender Irritation.
Was als respektvolle Diskussion begonnen hatte, war langsam zu einem schrillen Echo von Klischees und Fetischisierung verkommen.

Er sah sich um.
Nicht alle hier waren Studierende der Religionswissenschaften.
Einige schienen eher einem Japan-Fanclub anzugehören, der sich gerade hemmungslos auslebte – mit Fragen, die mehr über ihre eigenen Projektionen verrieten als über echtes Interesse an Hifumi Takahashi oder ihrer Arbeit.

Als die letzte Frage fiel, spürte Mateo, wie sich etwas in ihm zusammenzog.
Er sah, wie Takahashi-san sich verneigte, die Bühne verließ – fast fluchtartig.

Ohne zu zögern stand er auf.
Sein Blick wanderte suchend durch den Raum, dann zur Seite der Bühne.
Er hatte nicht gesehen, ob sie eine Begleitung dabei hatte.
Und so wollte er sicherstellen, dass sie in Ordnung war.

Mit ruhigen, aber bestimmten Schritten bewegte er sich in Richtung des Bühnenzugangs.
Ein kurzer Blick hinter den Vorhang, ein leises Klopfen an die Tür zur Künstlergarderobe oder dem Backstagebereich – falls es eine gab.

Nicht aufdringlich. Nur präsent.

Wenn sie ihn nicht sehen wollte, würde er das respektieren.
Aber wenn sie jemanden brauchte, der nicht fragt, sondern einfach da ist – dann war er bereit.

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Hifumi
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Re: Engage, Learn, Grow and Lead (Hifumi, Mateo)

Beitrag von Hifumi »

Der Seitenbereich der Hörsaalbühne war nur klein, und ziemlich vollgestellt mit rollbaren Tafeln, Flipchartblöcken und anderen Materialien, die gelegentlich für Vorlesungen zum Einsatz kommen.

Miss Takahashi stand an einem Stuhl mit geöffneter Handtasche und darüber gelegter transparenter Hello-Kitty-Regenjacke und tippte auf einem Mobiltelefon herum. Erst als sie die Bewegung bemerkte, blickte sie auf, aber ohne Matteo sofort wiederzuerkennen.[1]

"Der Vortrag und die Fragerunde sind beendet" teilte die Japanerin etwas barsch mit. "Meine Kontaktmöglichkeiten sind angeschrieben, falls sie noch ernsthafte Fragen haben.

Falls Sie mir nachgelaufen sind, um mich weiter zu fetischisieren: Ich kann sehr laut schreien, und ich führe Pfefferspray mit mir."


Unwillkürlich schüttelte sie den Kopf.

[1] Wahrnehmung + Aufmerksamkeit: 0 Erfolge (3 7 1) Link
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Mateo
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Re: Engage, Learn, Grow and Lead (Hifumi, Mateo)

Beitrag von Mateo »

Mateo hob sofort die Hände, die Handflächen offen, eine Geste der Entwaffnung.
Sein schiefes Grinsen war vorsichtig, fast entschuldigend.

„Ich würd Ihnen empfehlen, auch einen Elektroschocker in der Handtasche zu haben. Die Dinger sind ziemlich effektiv.“

Er sagte es mit einem Hauch von Humor, nicht um sich lustig zu machen, sondern um die angespannte Stimmung vielleicht ein wenig zu beruhigen.

Dann wurde sein Blick ernst, seine Stimme sanft.
„Ich wollte nur sicherstellen, dass Sie in Ordnung sind, Takahasi-san.“

Er trat nicht näher, hielt respektvoll Abstand zwischen sich und der jungen Japanerin.
„Und mich für die unangemessenen Fragen aus dem Publikum entschuldigen. Es tut mir leid, das Ihnen das passiert ist.“

Ein kurzer Moment des Schweigens, in dem er sie einfach nur ansah. In seinem Blick war echtes Interesse und Sorge zu sehen.

„Kann ich irgendetwas für Sie tun?“

Die Frage war schlicht, aber aufrichtig.



Charisma + Führungsqualitäten: 3 Erfolge

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Hifumi
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Re: Engage, Learn, Grow and Lead (Hifumi, Mateo)

Beitrag von Hifumi »

Hifumis Haltung entspannte sich ein wenig, als sie den Eindruck guter Absichten bekam.

"Es ist sehr lieb, dass Sie sich um mich sorgen, aber seien Sie unbesorgt: Ich bin in Ordnung."

Die junge Japanerin war ganz und gar nicht in Ordnung. Sie hatte sich in letzter Zeit öfter in genau dieser schlampenhaften Aufmachung mit kurzem Röcken und langen Kniestrümofen gezeigt, zuerst im geschützten Rahmen gegenüber Maddie, zuletzt sogar öffentlich beim Pride-Clean-Up, und sie hatte es genossen. Ihren eigenen Anblick im Spiegel. Den Effekt, den sie damit auf Maddie und andere Mädchen hatte. Und inzwischen war sie sogar so weit, dass sie Bilder davon verkaufte, für das Geld wie sie sich einredete - und es war doch ein gewisser Rausch darin, begehrt zu sein, sexuelle Aufmerksamkeit zu wecken, geschützt hinter einer Mauer aus Pseudonymität.

Bisher hatte sie das gut trennen können, einerseits ihre lebenslang anerzogene und öffentlich gelebte Rolle als brave Betschwester, andererseits ihre jüngst entdeckte und heimlich ausgelebte Facette als mädchentolle Schlampe. Diese Frage in ihrer offiziellen Funktion brachte die Brandmauer zum Bröckeln, und stellte sie vor die Wahl über ihre inneren Gefühle und Einstellungen zu lügen, wie sie es ihr ganzes Leben lang getan hatte, wie sie es gegenüber ihrem Tempel immer noch tat - oder sich zu offenbaren und ihr sorgsam kultiviertes Fremdbild als brave Betschwester einzureißen, etwas besseres als all diese Dirnen - woran auch immer noch so viel von ihrem Selbstbild hing.

"Viele Menschen die ich treffe interessieren sich mehr für meine Herkunft als für meine Arbeit. Besonders einsame junge Männer entwickeln merkwürdige Vorstellungen über das Leben und die Persönlichkeit junger japanischer Frauen, gespeist aus Comics, Zeichentrickfilmen und ähnlichem Schund. Es ist wohl ein Schicksal, dem ich in diesem Land nicht entgehen kann - ich kann nur zeigen, dass ich nicht diesen Medien verbreiteten Klischees und Stereotypen entspreche."

Es gibt zahlreiche Yuri-Mangas über spröde auftretende Schreinmaiden und Nonnen, die ihre mädchenliebende Seite entdecken und verschämt mit sich ringen.
Du bist ein ziemliches Abziehbild, Hifumi, aber jetzt wenigstens ein wenig interessanteres Abziehbild als die verklemmte Betschwester die einfach nur brav und gehorsam ist ohne weitere Persönlichkeitsmerkmale.


"Ich bin kein Abziehbild!" rief Hifumi in den Raum rein, scheinbar in Fortsetzung ihrer Antwort, aber stattdessen an ihren Avatar gerichtet. Was zwecklos war, wortwörtliches Schreien in die Leere - Subhuti, der gleichzeitig ankam und ging, war die Personifikation von mu, und von seiner gleichzeitig nähernden und entfernenden Stimme gab es kein Entkommen.

Die meisten Mädchen machen solche Experimente über ihre Neigungen als Teenagerinnen durch, in dem Alter gilt das auch als etwas peinlich, aber auch als verzeihlich.

Du hast dich zu lange durch das Beharren auf den starren Vorschriften deines Tempels hemmen lassen, dadurch bist du eine Spätzünderin. Jetzt bist du schon im Alter eines unverkäuflichen Weihnachtskuchens, und schmuggelst Schlampenkleidung aus dem Haus und machst erste unbeholfene Annäherungsversuche als wärst du noch in der Mittelstufe. Tja, in diesem Leben bleibt dir keine andere Wahl mehr. Stürz dich lieber voll und ganz rein, sonst bist du mit 30 immer noch eine ungeküsste Jungfer.


Die junge Japanerin ballte ihre Fäuste. In ihren Augenwinkeln glänzte etwas feucht. Warum musste Subhuti sie gerade jetzt heimsuchen? Der junge Mann würde sie sicher für noch komischer halten, als sie bei ihrem Abgang gewirkt hatte.

"Ich... ich habe eine Schwester von mir angeschrieben, dass sie vorbeikommen und mich zum G-Line-Bus begleiten soll. Sie wird aber sicher etwas brauchen, bis sie die Nachricht liest und hierher kommen kann.
Vielleicht könnten Sie solange bei mir bleiben?"
Vorauseilend entschuldigend fügte Sie hinzu: "Wenn ich Ihnen damit nicht Ihre eigenen Pläne verderbe, natürlich."
"Auf jeden Winter wird unweigerlich ein Frühling folgen."
- Nichiren

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