Kunst und Kultur [Alan, Liam]

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Liam Carpenter
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Re: Kunst und Kultur [Alan, Liam]

Beitrag von Liam Carpenter »

Liam konnte ein amüsiertes Schmunzeln nicht unterdrücken, als Alan neben ihm aufsprang um wie David in den Kampf gegen Goliath zu ziehen. Er war wirklich ein merkwürdiger Mensch. Aber auf eine Art und Weise die Liam augenblicklich sympathisch war. Seine Energie hatte etwas ansteckendes.
„Aufzugeben kommt ohnehin nicht in Frage.“
Nichts lag ihm Ferner. Auch wenn er manchmal frustriert, wütend und müde war.
„Würden wir das alle tun, dann wird sich nie etwas verändern. Und ich finde die Welt, und letztendlich ja auch unsere eigene Zukunft, sollte uns mehr wert sein als über unsere Misserfolge zu resignieren.“
Das war der Punkt. Er kämpfte nicht um des Kämpfens willen, sondern weil er etwas beschützen wollte das ihm wichtig war. Wäre dem nicht so würde er bereitwillig auf die nächste Abreibung durch den Boing Sicherheitsdienst oder die Polizei verzichten.

„Der Duwamish River oder wie er in unserer Sprache heißt, der dxʷdəw bezeichnet die letzten 12 Meilen des Green Rivers.“
Der Green River war Alan vermutlich eher ein Begriff.
„Früher war dort wo der Duwamish beginnt der Zusammenfluss zwischen Green und Black River. Aber der Black River ist seit den 1920er ausgetrocknet, weil der Wasserstand des Sees aus dem er sich speiste nach der Eröffnung eines künstlich angelegten Kanals für die Schiffahrt um fast drei Meter gefallen ist.“, begann er zu erzählen.
„Er wurde auf den letzten Meilen mehrmals umgeleitet und begradigt und gleicht heute mehr einem künstlichen Kanal als einem Fluss. Er fließt durch einen stark industrialisierten Teil der Stadt. Unter anderem liegt am Ostufer ein großes Boingwerk. Der Fluss ist stark belastet mit Arsen, Quecksilber und anderen Schadstoffen und obwohl es Pläne für Wasserschutzmaßnahmen gibt leitet Boing noch immer belastetes Abwasser ein.“
Unterdrückter Ärger schwang in seiner Stimme mit als er über die Verschmutzung des Flusses sprach.
„Früher lebte auf dem Land am Duwamish und Black River mein Stamm. Heute werden dort Flugzeuge gebaut und Container verladen.“
Er seufzte leise.
"Es tut mir jedes Mal wieder weh zu sehen wie wenig Respekt wir Menschen im Allgemeinen für unsere Umwelt haben. Früher lebten meine Vorfahren hier vom und mit dem Fluss. Heute kann man die Fische die man dort fängt nicht mehr essen, weil sie genau so vergiftet sind wie das Wasser."

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Alan Blackwell
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Re: Kunst und Kultur [Alan, Liam]

Beitrag von Alan Blackwell »

Stillschweigend hatte Alan Liams Ausführungen gelauscht und währenddessen regungslos den Boden angestarrt. Sein Schweigen hielt auch nach dem letzten Wort von Liam noch einen Moment an. "Naja, wer braucht schon Wasser und Fische?" räusperte Alan sich schließlich. "Kann man doch in jeder Mall kaufen - und Wasser gibts doch sogar für nur ein paar Cent gallonenweise in den Automaten davor." ein schiefes Grinsen legte sich auf Alans Lippen, als er hochschaute.

"Menschen sind scheiße, Liam. Zumindest der Großteil. Wenn sie nicht selber aktiv versuchen das Leben für ihre Mitmenschen schlechter zu machen, dann suhlen sie sich in ihrer Faulheit und Apathie. Laufen sehenden Auges auf den Abgrund zu. Tun alles, um ihren Reichtum zu mehren - denn wer mehr Geld hat, hat mehr Macht. Und wieso sollte man auf Augenhöhe miteinander umgehen, wenn man von oben herab blicken kann? Das ist kein Problem der neuen Zeit - das ist ein Problem intelligenten Lebens. Intelligent, aber blind. Wenn man in der Suppe schwimmt und der Horizont am Tellerrand endet, dann kann man halt nicht sehen, das abseits des eigenen Tellers ein ganzer gedeckter Tisch steht." Alans freundlicher Blick war in den letzten Minuten einer betroffenen, bitteren Ernsthaftigkeit gewichen.

"Weißt du was?" ein bisschen Freundlichkeit kämpfte sich ihren Weg zurück in seine Mimik: "Ich würde dieser Sache ... dem Fluss deines Stammes ... gerne eine Ausstellung widmen, Liam. Natürlich nur, wenn das okay für dich ist. Ich denke dabei auch nicht nur an Bilder sondern auch an Infomaterial. Vielleicht können wir damit ein paar Stimmen für die Sache gewinnen - und der Erlös, er könnte vielleicht helfen um einen Anwalt von der Sache zu überzeugen. Wie du schon sagtest - aufgeben ist keine Option. Ich finde es beeindrucken, dass du für so eine gute Sache kämpfst! Und ich möchte gerne meinen Teil dazu beitragen. Vielleicht ist es ein Kampf gegen Windmühlen - idealistisch. Illusorisch! Aber vielleicht war es auch irgendeine Art von Schicksal, dass wir uns heute hier getroffen haben. Ich mag' gerne an so etwas glauben!" wieder hatte Alan Liam versehentlich geduzt. Und wieder hatte er es nicht gemerkt - denn hätte er das, hätte er nur wieder über die sozialen Unzulänglichkeiten nachgedacht, die es ihm schwer machten, Kontakte zu knüpfen. Doch stattdessen blickte er Liam direkt ins Gesicht und war in einem solchen Maß Feuer und Flamme für seine Idee, dass noch kein Platz für Zweifel übrig war.

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Liam Carpenter
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Re: Kunst und Kultur [Alan, Liam]

Beitrag von Liam Carpenter »

Liam konnte die Emotionen die in Alans Worten mitschwangen nur allzu gut nachvollziehen. Er war in der Vergangenheit und würde vermutlich auch in Zukunft immer wieder an einen Punkt kommen an dem er an der Menschheit als Ganzes verzweifelte. Es gab viele wundervolle, engagierte und gute Menschen. Aber als großes Ganzes schienen sie verdammt zu sein an Egoismus und Machtgier zu ersticken. Etwas das er irgendwie als enttäuschend und unwürdig empfand.
„Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher. Albert Einstein.“, antwortete Liam mit einem gequälten Lächeln.

Doch auch seine Miene hellte sich merklich auf als Alan ihm von seiner Idee berichtete. Der Geschichte des Flusses und der bis heute anhaltenden Umweltverschmutzung eine Ausstellung zu widmen war eine Chance Aufmerksamkeit für dieses Anliegen zu generieren. Vielleicht wirklich ein bisschen Geld zu sammeln um zumindest prüfen lassen zu können ob es Möglichkeiten gab rechtlich gegen Boing vorzugehen.
„Ich kann und möchte das nicht alleine entscheiden. Dinge die den Stamm betreffen entscheidet der Stamm gemeinsam. Aber ich finde das ist eine phantastische Idee! Vielleicht können wir sogar das Community Center als Ausstellungsfläche nutzen.“
Tatendrang leuchtete in Liams Gesicht auf.
„Ich würde die Idee gerne mitnehmen und besprechen. Und ich würde ihnen natürlich dabei helfen. Ich kann zum Beispiel Infomaterial zusammenstellen.“

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Alan Blackwell
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Re: Kunst und Kultur [Alan, Liam]

Beitrag von Alan Blackwell »

Beim Einstein-Zitat musste Alan kurz grinsen - auch er hatte genau dieses Zitat öfter im Kopf, wenn er über die Menschheit nachdachte.

"Aber natürlich! Und fühlen Sie sich bitte nicht verpflichtet! Es ist nur ein Vorschlag; eine lose Idee, die herumflattert und eingefangen werden möchte." - schon wieder eine Vogel-Analogie. Alan konnte sich nicht erklären, weshalb er heute so viele davon im Sprachschatz hatte - aber gedanklich notierte er sich, eine weitere davon am heutigen Tag besser zu vermeiden.

"Wenn Ihr Stamm zustimmt, Liam - dann würde ich mich über Infomaterial sehr freuen. Noch lieber wäre es mir, wenn auch Sie mir in persona noch ein paar mehr Dinge zur Sachlage erzählen könnten. Texte sind fein aber vergleichsweise steril - Erzählungen hingegen leben ... wenn Sie verstehen, was ich meine. Die sich darin widerspiegelnden Emotionen sind es, die dem Pinselschwung seine Kraft verleihen." Alan hob die Augenbrauen zu einem fragenden Blick und deutete auf Liams Glas. "Nachschlag?" - dann holte er zwinkernd ein kleines Stück Pappe aus der Innentasche seines Sakkos und legte es neben das Glas auf den Tisch. Es handelte sich dabei um eine etwas angeschlagene Visitenkarte. Bunte Farben auf dunklem Hintergrund. Dazu Alans Name, eine Adresse, eine Telefonnummer und eine eMail-Adresse. "Damit wir in Kontakt bleiben - auch über diesen Abend hinaus. Ich bin nicht jeden Tag hier; tatsächlich sogar nur relativ selten - aber ich wohne quasi um die Ecke und meine Tür steht Ihnen immer offen! Auch wenn Sie nur mal einen Tee trinken und quatschen möchten...ich würde mich freuen!" Alan warf Liam einen aufrichtig freundlichen Blick zu. Er hatte in Seattle bisher nicht wirklich viele Kontakte geknüpft - und dazu kam sein innerer Radar, das bei jedem Gespräch auf Hochtouren lief und auf red flags ansprang. Keine red flags im klassischen Sinne, allerdings. Eher so "Sympathie-red-flags". Dinge, die dazu führten, dass er sich schon während des Gesprächs ein Stück weit zurückzog. Dinge, die ihm zeigten, dass er und sein Gegenüber nicht wirklich warm miteinander werden könnten.
Doch bisher war das Radar stumm geblieben.

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Liam Carpenter
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Re: Kunst und Kultur [Alan, Liam]

Beitrag von Liam Carpenter »

Liam fielen zahlreiche Geschichten ein die er mit Alan teilen konnte. Geschichten von Protesten und Polizeigewalt. Von Ohnmacht und Wut. Aber auch von schönen Momenten von Spaziergängen am Ufer und kleinen Erfolgen. Vom ersten Mal als er im Fluss einen Otter beobachtet hatte. Vom Kanu fahren und Geschichtslektionen.
„Wenn sie mehr über den Fluss lernen wollen, dann sollten wir zusammen Kajak fahren.“
In seinen Augen ließ sich die Seele des Duwamish River und der Bay am besten vom Wasser aus erleben. Das Reisen über die Flüsse und Seen der Region war tief in der Kultur seines Stammes verwurzelt.
Als Alan auf sein Glas deutete nickte er.
„Gern.“
Er nahm die Visitenkarte an sich und zog sein Handy aus der Tasche. Tippte die Nummer ein und ließ es einmal klingeln bevor er auflegte.
„Jetzt haben sie auch meine Nummer.“, lächelte er und steckte beides ein.
„Das Angebot nehme ich gerne an. Ich war fast ein Jahr nicht in der Stadt und habe ehrlicherweise ein bisschen den Anschluss verloren.“
Nicht vollkommen. Nicht an Jeden. Seine Familie, sein Mitbewohner, zwei drei enge Freunde, hatten ihn zurück in ihrem Leben willkommen geheißen. Aber für zahlreichen loseren Bekanntschaften hatte sich die Welt ohne ihn weitergedreht und der Kontakt war verloren gegangen, eingeschlafen oder kaum noch existent.

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Alan Blackwell
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Re: Kunst und Kultur [Alan, Liam]

Beitrag von Alan Blackwell »

"Kajak?" Alan riss die Augen auf. Er wirkte, als hätte Liam ihm gerade vorgeschlagen in einem Fass die Niagarafälle hinter zu stürzen. "Ich sehe schon die Schlagzeile vor mir - unbedeutender Maler in Fluss ertrunken! Da müssten sie echt gut auf mich aufpassen, Liam. Ich stelle mich bei so etwas nicht unbedingt sehr geschickt an..." ein schiefes Grinsen; dann ein Lächeln, als sein Smartphone kurz klingelte.

"Ja, mit dem Anschluss ist es so eine Sache ... man denkt, man sei ein relevantes Zahnrad in der großen Maschinerie ... und irgendwann stellt man dann fest, dass sich alles auch ohne einen bewegt. Das ist gut so - das ist der Lauf der Dinge. Aber irgendwie auch schade, insbesondere wenn man erkennen muss, dass man auch einfach durch ein anderes Zahnrad ersetzt werden kann." Gedanken zu seinem früheren Leben stürmten in Alans Verstand und er hatte sichtlich Mühe, die Tür geschlossen zu halten. "Vielleicht ist dies ja der Beginn einer neuen, kleinen Maschinerie. Ich freue mich - und ich fände es schön, wenn wir uns von nun an duzen würden ... Förmlichkeiten sind irgendwie anstrengend." eine kurze Pause - doch hastig legt Alan nach: "... wir können natürlich auch gerne beim Siezen bleiben, wenn Sie das nicht möchten." <Unsicherheit, oh du Geißel meines Ichs. >

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Liam Carpenter
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Re: Kunst und Kultur [Alan, Liam]

Beitrag von Liam Carpenter »

„Wenn ihnen ein Kajak zu unsicher ist, dann finden wir bestimmt ein größeres Boot.“, antwortete Liam als er Alans irgendwie geschockte Miene sah. Es gab zahlreiche Rundtouren in und um die Bay denen sie sich anschließen konnten, auch wenn sie dann kein Mitspracherecht über die Route hatten und sich den Platz mit Touristen teilen mussten.
„Ich möchte sie nicht zu irgendetwas anstiften bei dem sie sich unwohl fühlen. Wissen sie, Kanus waren früher das Hauptfortbewegungsmittel meines Stammes. Sie wurden für alles Mögliche genutzt. Zum Transport, zum Reisen oder zum Jagen und Fischen. Sie waren sogar Teil bestimmter Zeremonien und Feste. Wenn ich mit dem Kajak unterwegs bin, dann habe ich immer das Gefühl der Perspektive meiner Ahnen ein kleines bisschen näher zu sein. Den Fluss und die Bay so zu erleben wie sie sie erlebt haben.“
Er lächelte schief.
„Für einen Nicht-Indigenen muss das vermutlich sehr pathetisch klingen.“
Als Alan ihm das „Du“ anbot nahm er das Angebot nur allzu gerne an. Die Stimmung zwischen ihnen war gelöst und diese Förmlichkeiten kamen auch ihm unnötig steif vor.
„Bitte nicht.“, lachte er.
„Ich bin froh, dass du das Eis diesbezüglich gebrochen hast.“

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Alan Blackwell
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Re: Kunst und Kultur [Alan, Liam]

Beitrag von Alan Blackwell »

"Mir ist vermutlich alles zu unsicher, bei dem ich nicht mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehe. Aber das ist kein Problem - bleiben wir ruhig bei der ursprünglichen Idee. Ich brauche wie so oft nur einen kleinen Schubs ins kalte Wasser, dann geht das!" es dauerte einen kleinen Moment, bis die Zweideutigkeit dieser Aussage auch bei Alan ankam. "Oh, natürlich nicht wörtlich genommen! Bitte nicht!" schob er lachend hinterher. "Das Kajak ist dir wichtig. Es ist wichtig für deinen Stamm und den Fluss! Es ist Teil der Geschichte - ich muss es erleben! Es fällt mir leichter, Dinge zu malen, die ich kenne. Situationen, die ich erlebt habe. Und ich möchte, dass die Bilder deine Kultur und ihre Werte so authentisch wie wirklich zeigen. Weichgespülte, amerikanisierte Versionen sieht man heute an jeder Ecke. Da wird Kultur mit Füßen getreten - und jedes Kind; jeder Mensch macht mit, weil er damit aufwächst und es nicht besser weiß. Das ist sehr schade!" mit einem Handzeichen und freundlicher Mimik bat Alan den noch immer hinter der Theke nach links und rechts swipenden Lord Byron 666 - die Geißel dunkler Tugenden - darum, die Gläser aufzufüllen.

"Du bist viel in der Natur unterwegs? Ich bin da eher so derjenige Tourist, der sich selbst auf ausgewiesenen Wanderpfaden hoffnungslos verlaufen und schließlich in einer Höhle mit Bären leben würde. Habs mehr so mit den Städten. Beton und Metall - obwohl ein Fluch für die Natur sind sie für mich doch sowas wie ein Rückzugsort." <eingebunkert zwischen Wänden und Decken kann mich niemand finden>. "Ich mein' ... ich mag' die Natur sehr, sehr gerne. Ich gehe gerne spazieren, schaue mir Dinge an. Sitze an einem See oder unter einem Baum. Aber so wie viele Menschen in der Natur bei Tageslicht regenerieren können, so kann ich in meiner Wohnung bei Kunstlicht regenerieren. Natur stresst mich - und ich kann nicht einmal den Grund festmachen, weshalb dies so ist. Ich bin da irgendwie verquer. Keine Ahnung, wieso ... so hat jeder seine Macken, hm? Aber nichtsdestotrotz freu' ich mich sehr auf die Kajaktour."

Inzwischen hatte Byron die Getränke aufgefüllt, sich nicht lumpen lassen und sogar wieder kleine Fruchtspießchen in die Gläser gesteckt.

"Aber sag', ist ein Kajak nicht klein? Wie kann man es denn zum Fischen oder gar zum Transport benutzen?"

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Liam Carpenter
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Re: Kunst und Kultur [Alan, Liam]

Beitrag von Liam Carpenter »

Liam begann zu lachen als Alan darum bat nicht wortwörtlich ins Wasser geworfen zu werden.
„Ich werde dich nicht schubsen, versprochen.“
Es war schön zu hören, dass Alan sich für die Idee erwärmen konnte und dass er zu verstehen schien, dass es Bedeutung für Liam besaß. Das war alles andere als selbstverständlich. Ignoranz gehörte von jeher zu den am besten gepflegten menschlichen Tugenden. Nicht dass er sich da vollkommen ausnehmen konnte. Davor war seiner Meinung nach Niemand gänzlich gefeit. Aber er bemühte sich wenigstens mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. Und wenn alle ein bisschen mehr Wert auf das Bemühen legen würden, dann wäre sie ein besserer Ort.
Schließlich nickte er.
„Ich fahre fast jedes Wochenende ins Reservat raus. Meine Eltern wohnen dort. Seit ich wieder hier bin kommt mir die Stadt irgendwie noch enger und bedrückender vor.“, antwortete er nachdenklich.
„Vorher habe ich das nicht so deutlich empfunden. Downtown Seattle war nie mein Lieblingsort, aber es hat mich auch nie besonders belastet. Vermutlich bin ich einfach noch nicht wieder richtig angekommen.“
Er lächelte schief und pflückte das Fruchtstäbchen aus der Limo.
„Es fasziniert mich immer wieder wie unterschiedlich wir Menschen sind. Was für den einen ein Gefängnis ist, ist für den anderen ein Zuhause.“
Das war natürlich deutlich überspitzt formuliert, aber traf trotzdem den Kern der Sache.
„Die Form und der Bau von Kanus ist eine Wissenschaft für sich.“, antwortete er und wie so oft, wenn er über Dinge sprach die ihm wichtig waren hörte man eine Spur Begeisterung in seiner Stimme.
„Es ist richtig, dass Kajaks kleine, schnelle Boote sind. Tatsächlich geht die Bauform des Kajaks auf die Inuit zurück. Hier in der Gegend nutzte man Kanus, von denen es auch kleine, schnelle Varianten gibt. Der Hauptunterschied ist, dass man Kanus mit einem Stechpaddel antreibt. Das sind die Paddel die nur ein Blatt haben. Für Kajaks nutzt man ein Doppelpaddel. Eigentlich müssten wir also für unseren Ausflug ein Kanu nehmen, wenn wir ganz traditionell bleiben wollen. Aber Kajaks sind anfängerfreundlicher und für eine Einzelperson besser zu benutzen. Außerdem bieten sie ein paar Vorteile was die Nutzung bei Wind und Wetter angeht. Da ich meistens alleine unterwegs bin habe ich mir deshalb ein Kajak angeschafft.“
Eine ziemlich teure Investition und neben seiner Tauchausrüstung sein ganzer Stolz.
„Meine Familie besitzt ein traditionelles Kanu. Aber das lässt sich von zwei Leuten nur nutzen, wenn beide Wissen was sie tun, weil es relativ groß ist. Mir ist es vor allem wichtig auf dem Wasser zu sein. Egal ob mit einem oder zwei Blättern an meinem Paddel. Wenn ich die Strömung unter mir spüre und den Wind im Gesicht... für mich fühlt sich so Freiheit an.“

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Alan Blackwell
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Re: Kunst und Kultur [Alan, Liam]

Beitrag von Alan Blackwell »

"Freiheit ist ein seltenes Gut!" Alan nickte und konnte nachvollziehen, wie Liam sich dabei fühlen musste. Er selber fand seine Freiheit ausschließlich in der Malerei - denn da konnte er sein, wie er ist. Ohne sich zu verstellen. Ohne die Angst, jemanden zu verschrecken. Ohne darüber nachdenken zu müssen, ob er gerade wieder etwas falsches gesagt oder getan hatte. All die kleinen Unsicherheiten, die ihn auf seinem Lebensweg begleiteten - in der Malerei waren sie verschwunden. "Wurde dir das Kajakfahren von deiner Familie beigebracht?" kam Alan erneut auf den letzten Teil ihres Gesprächs zu sprechen. "Meine Eltern haben mal versucht, mir das Gleitschuhfahren beizubringen. Auf einem geforeren See. Kennst du Gleitschuhe? Das sind ... Schlittschuhe für Anfänger. Ohne Kufen - dafür mit einer Metallplatte an der Sohle. Naja ... die Moral von der Geschicht': Auch sowas kann der Alan nicht. Ich habe mich kräftig lang gemacht und mir auf dem Eis die Nase blutig gehauen. Das war das letzte Mal, dass meine Eltern sowas versucht haben - Schlittschuhe und Rollschuhe haben sie gleich gelassen. Es war übrigens auch ein echter Akt, mit das Fahrradfahren beizubringen. Ich ... funktioniere wie gesagt dann am Besten, wenn meine Füße den Boden berühren. Man könnte also sagen, ich bin ein bodenständiger Mensch." das Grinsen kam von Herzen.

"Apropos bodenständig - was machst du so, wenn du nicht die Welt verbessern willst? Das Malen ist meine Art dies zu tun - für den Lebensunterhalt hingegen bastel ich für Kunden Grafiken und Layouts oder helfe bei Softwareproblemen. Bin aber nirgendwo fest angestellt - das gibt mir die Flexibilität, meine Zeit selber einteilen zu dürfen. Leider auf Kosten des Lohns - aber es reicht für ein Dach überm Kopf und was zu essen."

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