ENT- schuldige bitte [Liam, Adrian]

[Liam Carpenter]

„Hey… entschuldige bitte. Kannst du mir vielleicht kurz helfen?“

Dieser Teil des Campus war um diese Uhrzeit recht wenig besucht. Es war Mittagszeit. Die meisten Studenten waren in der Kantine oder gönnten sich außerhalb bei Pizza, Kaffee oder einem Spaziergang eine kleine Auszeit vom Unialltag.

Liam hockte auf dem Rasen im Grieg Garden, vor ihm auf dem Boden seine Jacke die er mit beiden Händen festhielt und unter der sich etwas zu bewegen schien. Das etwas war vielleicht etwas größer wie ein Fußball und wenn es kein motorisierter Fußball war, dann war es vermutlich lebendig.

[Adrian Williams]

Die Anfrage des jungen Mannes traf gerade den Übergang zwischen zwei Songs, sonst wäre sie völlig an Adrian vorüber gegangen. Vor der Tür hatte er zur Zeit immer Musik auf den Ohren.
Er hielt also inne, guckte sich um und bemerkte Liam im Gras sitzen. "Oh!" er nahm die Kopfhörer ab und analysierte die Szene vor sich, während sein rasender Gedankenzug quietschend die Bremsklötze reinschlug. Helfen, aber er musste eigentlich auch schnell... Ach verdammt, was war das für ein Scheißleben, wenn man nicht mal fünf Minuten Zeit hatte, jemandem zu helfen?
"Klar. Was..." er hockte sich ans andere Ende der Jacke und griff die Ecken um sie sanft aber bestimmt an den Rasen zu heften, ohne groß zu hinterfragen, was der Kerl hier eigentlich tat. Sah so aus, als könnte es zu spät sein, wenn man erst herum diskutierte.
"Was hast du da drunter?"

[Liam Carpenter]

Glücklicherweise bekam er eine Reaktion. Es war keine einfache Übung auf sich aufmerksam zu machen, wenn man sich nicht recht bewegen oder aufstehen konnte. Vor allem wenn man sich unterhalb der Augenhöhe der Vorbeigehenden befand.
„Danke dir.“
Ein Lächeln wanderte über Liams Gesicht. Dass der Andere erstmal zugriff bevor er Fragen stellte war eine angenehme Überraschung.
„Eine Ente. Sie hat so einen Sixpack-Ring am Bein hängen. Ich würde den gerne abmachen aber ich hab sie nicht richtig zu greifen bekommen.“, erklärte er.
„Kannst du eben die Jacke festhalten? Dann kann sie nicht weg und ich helf ihr fix da raus.“
Er hatte gehofft sie mit samt Jacke hochheben zu können, aber die Gefahr war recht groß dass sie ihm dabei entkam, weil er sie nicht mittig genug unter dem Stoff hockte und sie dann noch mal einzufangen würde schwierig werden. Enten konnten ziemlich clever sein. Und ihre Schnäbel taten außerdem ganz schön weh.

[Adrian Williams]

Adrians auf eine Erklärung wartendes Gesicht kippte quasi von Aufmerksamkeit in Verdatterung um.
"Wo kommt denn hier 'ne Ente her?" er ließ seinen Blick über die Wiese schweifen, auf der Suche nach einem Schwarm Enten. Oder einer Herde? Wie nannte man das und waren Enten überhaupt Schwarmtiere?
Er arbeitete sich mit den Händen an der Jacke entlang um die Haltepunkte besser um die sich windende Sillouette zu positionieren, vorsichtig darauf bedacht, sie nicht zu quetschen. "Okay... Kommst du so ran?" Adrian versuchte, etwas Platz zu machen, damit der Andere an das Tier kommen konnte.

[Liam Carpenter]

„Ah klasse. So ist super. Das wird gehen.“, bestätigte Liam nachdem sein freiwilliger Helfer sich umpositioniert hatte.
„Ich bin übrigens Liam.“
Er hob die Jacke ein Stück an bis er nach dem Bein der Ente greifen konnte, um das Plastikteil zu entfernen. Das Tier wand sich unbehaglich musste die Prozedur letztendlich aber über sich ergehen lassen.
„Auf dem Campus lebt eine sehr vielfältige Tierwelt. Kaninchen, Enten, Mäuse, Eichhörnchen, Waschbären… zahlreiche Vogelarten und sogar Kojoten. Abends kann man hier auch Fledermäuse sehen, wenn man in der Dämmerung unterwegs ist. Was DIESE Ente ganz persönlich hier zu suchen hat kann ich dir allerdings nicht sagen. Ich hab sie ehrlicherweise aber auch nicht gefragt.“
Schließlich hob er triumphierend den Sixpack-Ring in die Luft.
„Okay, ich habs. Am besten hältst du sie noch einen Moment fest bis sie sich beruhigt hat. Dann kannst du die Jacke ein Stück anheben und sie loslassen. Am besten rutscht du noch ein Stück hier zu mir, damit sie nach vorne Platz hat.“

[Adrian Williams]

"Adrian." entgegnete er mit einem kurzen, freundlichen Lächeln zu Liam hin, versuchte aber die Ente unter der Jacke im Auge zu behalten. Seine neue Bekanntschaft schien zumindest keine Berührungsängste mit Wildtieren zu haben.
"Du kennst dich gut aus. Machst du Veterinärmedizin oder so? Abends bin ich nicht hier." konnte er seine Unkenntnis zumindest der Fledermäuse rechtfertigen.

Liam präsentierte den entfernen Ring. "Ha! Gut gemacht." quittierte Adrian. Er behielt seine Stellung noch ein wenig bei. Auch wenn er keine Ahnung hatte, wie lange eine Ente brauchen würde, um sich so zu beruhigen und Liam entsprechend hilfesuchend anschaute.
Irgendwann folgte er der Anweisung des Ersthelfers und rutschte auf dieselbe Seite um dem Vogel einen Ausweg zu lassen.
"Willst du sie jetzt noch befragen?" er schmunzelte schelmisch. Auch wenn er nicht besonders überschwänglich wurde.

[Liam Carpenter]

„Meeresbiologie und Umweltschutz.“, antwortete Liam. Gewisse Arten der Entenfamilie fielen damit direkt in sein Fachgebiet. Stockenten gehörten zwar nicht zu den Seevögeln, aber so kleinlich war er da nicht.
„Du wohnst also nicht auf dem Campus?“
Er rückte etwas beiseite um Adrian Platz zu lassen.
„Was studierst du?“
Eine Frage irgendwo zwischen Smalltalk und Interesse. Der Kommentar ob er die Ente befragen wollte entlockte ihm dann ein amüsiertes Schmunzeln.
„Ich wäre zwar schon interessiert zu wissen wer hier seinen Müll in der Gegend herumliegen lässt, aber ich denke wir gönnen dem armen Tier besser seine Ruhe. Du kannst sie jetzt loslassen. Einfach langsam vorne die Jacke anheben.“
Leider war Müll wie eigentlich überall wo Menschen unterwegs waren auch auf dem Campus ein Problem. Auch wenn man sich von administrativer Seite sehr bemühte Aufmerksamkeit und Bewusstsein zu schaffen und es an Mülltonnen nicht mangelte. Aber Studenten waren eben Studenten…

[Adrian Williams]

"Wow, cool. Ich war als Kind immer gerne im Aquarium unten an der Elliot Bay." Er öffnete vorsichtig die Jacke um das gefiederte Tier aus seiner Gefangenschaft zu entlassen und musste an all die grausamen Umweltverbrechen denken, die im Aquarium vermittelt wurden. Er hatte die Menschheit damals richtig hassen gelernt. Irgendwie fand er es im Nachhinein pädagogisch fragwürdig. Aber ganz falsch war es nicht.
Auf Liams Frage schüttelte er den Kopf. Nee, aber nicht weit von hier. 20th Avenue, Ecke northeast 47th." er deutete in Richtung Norden. Das gehörte noch zum University District, beherbergte aber neben Leuten, die ihr Studium offenbar noch nicht abgeschlossen hatten, eher solche, die es auch nicht mehr vorhatten oder nie begonnen hatten. Arbeiter und ihre Familien.
"Ich bin bei der Medizintechnik."
Die Ente war aus der Dunkelheit hervor getapst, hatte ihr zerzaustes Gefieder aufgeplustert um es zu ordnen und war dann unter meckerndem Geschnatter davon gehüpft und geflattert um sich ein Stück weiter niederzulassen. Dort suchte sie nach Essbarem.

Adrian hatte das Tier beobachtet. Aber jetzt, wo es überhaupt keine Anzeichen mehr davon zeigte, dass es mit den beiden jungen Männern etwas zutun hatte, guckte auch er wieder zu seinem Artgenossen und zuckte resigniert mit den Schultern. "Das kann von jedem gekommen sein. Ich seh hier ständig wen, der was neben sich schmeißt. Als ob die Mülleimer so schwer zu treffen sind. Wie's hier immer aussieht." er stöhnte genervt. "Aber ist ja überall so."

[Liam Carpenter]

„Ach da oben. Das ist ja wirklich nicht weit weg.“
Er kam da manchmal mit dem Fahrrad durch, wenn er zum Ravenna Park hochfuhr.
„Medizintechnik klingt super spannend. Wir bist du da draufgekommen?“
Das war was ganz anderes als das übliche BWL, Chemie oder Geschichte.
„Bist du dann am Ende Bachelor of Engineering?“
Er schob sich das Stück Plastik in die Jackentasche um es später zu entsorgen, erhob sich dann und schüttelte die Jacke aus. Dann bot er Adrian die Hand an um ihm aufzuhelfen.
„Das ärgert mich auch jedes Mal maßlos. Es gibt hier wirklich Mülltonnen genug.“
In seiner Stimme schwang hörbar Frustration mit als er das sagte. Wie schwer konnte es denn sein…
„Hast du noch ein bisschen Zeit? Ich würd dir gern einen Kaffee spendieren, weil du mir geholfen hast. Ich stells am Ende der Ente in Rechnung.“
Der verärgerte „Ich hasse Müllsünder“ Ausdruck wurde wieder von einem freundlichen Lächeln abgelöst.

[Adrian Williams]

Ein überraschtes Lachen entkam ihm bei Liams Kommentar über sein Studium. "Naja..." er zuckte mit den Schultern "Ich bastel gern an Sachen rum und finde große Maschinen irgendwie cool. Aber ich will nicht irgendeinen Quatsch machen, den keiner braucht. Also... Medizinische Geräte fand ich gut." er machte eine abwinkende Geste. "Ja, naja spannend... Ist es nicht unbedingt. Ein Haufen Theorie, Zertifizierungskram auch noch." er wirkte ausgelaugt von dem Thema.

Adrian bemerkte die angebotene Hand erst etwas verspätet, nahm sie aber mit höflichem Lächeln an und zog sich schwungvoll auf die Beine. "Danke."

Es war mal wieder Zeit, das Smartphone zu checken, als Liam das Thema Kaffee ins Spiel brachte. "Nimm's mir nicht übel, Liam, aber ich muss wieder zum Institut. Wenn du willst, kannst du noch ein Stück mitkommen." er zuckte wieder mit den Schultern. "Wir haben da auch 'ne Kaffeemaschine. Aber ich sollte bald an die Arbeit, brauche sicher noch zwei Stunden und dann muss ich los." er blickte Liam mit schiefen Schmunzeln an. Nicht unbedingt ein tolles Angebot, das war ihm sehr bewusst. Aber es ging dieser Tage einfach nicht besser.