Das Zimmer war still.
Nur das leise Summen der Straßenlaterne draußen drang durch das gekippte Fenster.
Mateo saß auf dem Boden, die Beine verschränkt, die Hände gefaltet. Vor ihm: ein Spiegel. Alt, mit einem Rahmen aus dunklem Holz, das an die Möbel seiner Lola erinnerte.
Er hatte das Licht gedimmt, nicht aus Ritual, sondern aus Gefühl.
Es war spät.
Und er wollte beten.
Nicht laut.
Nicht mit Worten, die man in Kirchen spricht.
Nur mit Gedanken.
Sein Blick ruhte auf seinem Spiegelbild.
Die Augen.
Die Haltung.
Das Gesicht, das ihm vertraut war – und doch fremd wirkte.
War es die Müdigkeit?
Oder wurde das Bild tatsächlich unscharf?
Ein Flimmern, kaum sichtbar.
Er blinzelte.
Das Bild blieb.
Dann, wie aus dem Innersten seines Geistes geformt, sprach die Stimme.
Klar.
Sanft.
Aber mit einem Ton, der keine Ausflüchte duldete.
„Denkst du, das ist eine sinnvolle Anwendung deiner Magie?“
Mateo zuckte nicht.
Er kannte diese Stimme.
Sein Avatar.
Der Teil von ihm, der mehr wusste, als er selbst zugeben wollte.
„Leuten hinterherzuspionieren?“
Eine Pause.
„Oder soll ich eher sagen: ihm hinterherspannen?“
Mateo verzog das Gesicht.
Nicht aus Ärger.
Aus Scham.
„Glaubst du, das sind die Gebete, die Gott hören will?“
Er atmete tief durch.
Langsam.
Dann antwortete er.
„Du wolltest, dass ich mehr übe.“
Seine Stimme war ruhig, aber fest.
„Jetzt tu ich es.“
Er sah wieder in den Spiegel.
„Ich versuche, die Verbindung zu stärken. Die Wahrnehmung zu schärfen. Ich versuche, zu verstehen, was möglich ist.“
Ein Moment der Stille.
Dann fuhr er fort.
„Ich weiß, dass das nicht der Weg ist, den man in einem Lehrbuch findet. Aber ich bin kein Lehrbuch. Ich bin Mateo.“
Er senkte den Blick, dann hob ihn wieder.
„Und ich will lernen. Nicht nur, wie man Magie wirkt. Sondern wie man sie beherrscht.“
Der Spiegel blieb still.
Das Bild klarte auf.
Oder hatte es nie geflackert?
Mateo wusste es nicht.
Aber er wusste, dass das Gespräch noch nicht vorbei war.
Und dass das Gebet, das Gott hören würde, vielleicht erst jetzt begonnen hatte.