Die Matrix (Press, Mateo)

[Mateo]

Mateo saß draußen vor dem Husky Grind, die Hände locker um seinen Becher gelegt, in dem der Cappuccino langsam auskühlte. Die Nachmittagssonne war mild, golden, und machte die herbstliche Kühle erträglich. Ein leichter Wind spielte mit den Blättern, die sich bereits in warmen Farben färbten – Rostrot, Bernstein, ein Hauch von Gold.

Er hatte Press gestern gefragt, ob sie sich treffen könnten.
15 Uhr.
Husky Grind.
Nicht dramatisch.
Nicht dringend.
Zumindest nicht in TG. Das Drame würde schon kommen, wenn sie sich traffen.

Jetzt war es 14:58.
Und er wartete.

Die Geräusche des Campus umgaben ihn wie ein ruhiger Strom – Stimmen, Schritte, das Klappern von Tassen hinter der Glasscheibe.

Mateo lehnte sich zurück, ließ den Blick über die vorbeiziehenden Studierenden schweifen.
Er war nicht sicher, wie dieses Gespräch verlaufen würde. Erlich gesagt, war er sich noch nicht mal sicher, ob das Gespräch eine gute Idee war. Gestern war sie es. Jetzt, wirkte es mehr und mehr wie eine ziemlich doofe Idee.

Er nahm einen Schluck, spürte die Wärme auf der Zunge.
Dann sah er zur Tür.
Noch war sie geschlossen.
Aber das Spiel hatte längst begonnen.

[Presston Caldwell]

Die Tür ging auf.
Klingel. Warme Luft. Kaffeeduft.

Press trat hinaus.
Rucksackriemen in der Hand.
Einmal links, einmal rechts.
Mateo. Tisch. Cappuccino.

Er hob eine Hand. Kurzer Gruß.
Schiefes, ehrliches Lächeln.

"Hey."

Er beäugte den Stuhl neben Mateo - der würde halten.
Also setzte er sich.

"Schon im Umzugsstress?"

Rucksack an den Stuhl. Kopfhörer ins Case.

Ein Atemzug.

"Ich hab Grüntee dabei. MarketSpice. Willst du?"

Kurze Pause.

"Oder erst Kaffee. Ritual und so."

Handy umgedreht neben die Tasse.
Ruhe.
Er lächelte.

"Wie geht’s dir?"

[Mateo]

Mateo lächelte zurück.
Press hatte etwas von einem tapsigen Bären – groß, ein bisschen unbeholfen, aber auf eine Weise, die man einfach mögen musste.
„Hey!“ sagte er, warm und offen.

„Naja, viel Stress ist es ja nicht. Ich bin mit einem Rucksack und einer Tasche hergekommen, und viel mehr hab ich seitdem auch nicht gekauft.“
Er zuckte leicht mit den Schultern, trank einen Schluck Cappuccino.
„Aber ja, ich bin aufgeregt. Und heilfroh, dass ich nicht mehr jeden Morgen und Abend durch die ganze Stadt muss.“

Ein kurzes Lachen.
„Die Wohnung war echt suboptimal gelegen. Und… hab ich schon gesagt, dass es ’ne überteuerte Bruchbude ist? Falls nicht, es ist ne überteuerte Bruchbude.“

Er hielt kurz inne, als würde ihm fast ein Gedanke entgleiten.
Fast hätte er gesagt, dass er das Ding beim Auszug einfach abfackelt – aber er fing sich gerade noch. Ein schiefes Grinsen.
„Ähm, ja. Grüntee klingt gut. Aber ich glaub, das mischt sich nicht so gut mit Kaffee. Lass uns erst den trinken und dann zum Tee übergehen. Ritual und so.“

Er lehnte sich zurück, ließ die Sonne auf sein Gesicht scheinen.
„Wie’s mir geht?“
Ein kurzer Moment des Nachdenkens.
„Mhm… eigentlich ganz gut. Einiges passiert.“

Dann sah er Press an, sein Blick wurde neugierig.
„Aber wie geht’s dir? Wie war das mysteriöse Treffen?“

Ein kurzes Zögern, dann hellte sich sein Gesicht auf.
„Ach ja – ich hab jemanden getroffen. Sie wird mein Mentor.“

Er grinste.
Ehrlich.
Ein wenig erleichtert.

Das ganze Magie-Ding ist immer noch neu und anstrengend, dachte er sich. Manchmal fühlt es sich an, als würde ihm der Kopf platzen. Dummerweise könnte das sogar passieren, wie ihm immer wieder gesagt wurde.

[Presston Caldwell]

Presston grinste. Er hatte schon befürchtet, dass es eine riesige Schlepperei werden würde.

„Richtig cool, dass wir bald im gleichen Wohnheim wohnen.“

Gut gelaunt stellte er das fest und packte den Tee erst mal weg.

Mysteriöses Treffen? Woher wusste er das denn?
Er wurde rot.

„Meinst du mit Maddy?“

Er zuckte mit den Schultern.

„Ach, das war nix. Also … war nett. Aber mehr auch nicht.“

Gott sei Dank wollte Mateo offenbar lieber selbst erzählen.
Und das mit dem Mentor war wirklich eine gute Nachricht.

„Wow, cool. Ich glaube, ich auch.“

Er grinste ihn an.

"Erzähl!"

[Mateo]

Mateo nickte, sein Blick warm.
„Ja, das ist wirklich cool. Ich kann dir gar nicht genug danken.“

Er sah, wie Press stockte.
Wie seine Wangen Farbe bekamen.
Wie er Maddy erwähnte.

Mateo hob leicht die Augenbrauen.
„Du hast dich mit Maddy getroffen?“

Ein Hauch von Neugier lag in seiner Stimme, aber kein Druck.
„Erzähl mal. Ist sie deine Mentorin?“

Dann schüttelte er leicht den Kopf.
„Nee, das kann eigentlich nicht sein. Sie ist ja auch erst vor kurzem erwacht. Aber wer ist dann dein Mentor?“

Ein kurzer Moment des Nachdenkens.
„War das das mysteriöse Treffen nach unserem Training?“

Mateo wirkte ehrlich verwirrt.
„Ich dachte, das wäre jemand von den Traditionen gewesen.“

Er sammelte sich kurz, ließ die Gedanken sortieren.
„Sie heißt Mavis Vermillion. Gehört zum Himmlischen Chor.“

Sein Ton wurde ruhiger, fast ehrfürchtig.
„Die arbeitet hier im Sozialsystem. Macht echt einen netten Eindruck.“

Ein kurzer Blick zu Press.
„Sie war die Schülerin von Grace. Die war wohl bis zu ihrem Tod so etwas wie die Anführerin der Traditionen.“

Dann, fast beiläufig:
„Grace ist übrigens Maddys Tante gewesen.“

Mateo ließ die Worte wirken, sah Press an.

[Presston Caldwell]

Er wurde rot.

„Ne hab ihn beim Cachen kennengelernt.“
„Der nennt sich Emerald - man könnte auch Typ mit Hut sagen.“

Ein kurzes Lachen, eher ungläubig.

„Hat sich in mein Handy gehackt.
Ist einfach reinspaziert, hab nix davon gemerkt.“

Press zog die Brauen hoch, halb genervt, halb beeindruckt.

„Das ist eigentlich unmöglich.
Glaube der hat richtig was drauf.“

Die Röte kehrte wieder zurück.

„Und mit Maddy, ja das war schön.
Richtig schön, um ehrlich zu sein.
Hab ja nicht so viele Freunde.
Man kann sich gut mit ihr unterhalten.

Ein Räuspern.

„Und deine Mav, ist die Schülerin von Aunty?
Die klingt jedenfalls ziemlich cool - klingt mindestens nach Level 15.“

[Mateo]

Mateo blinzelte, als hätte Press ihm gerade einen Glitch in der Realität gezeigt.

„Wow… das hört sich echt krass an.“

Sein Blick wanderte kurz zu Press’ Handy, als könnte es noch Spuren von Emeralds Besuch tragen.

„Meinst du, der ist da mit Magie reingespaziert? Oder einfach so mit seinen Fähigkeiten? Ich mein… das klingt nicht nach normalem Hacker-Kram. Das klingt nach richtigem Zugriff. Matrix-Level.“

Er lehnte sich ein Stück vor, die Neugier deutlich spürbar.

„Und… wo gehört der dazu? Ich hoff ja, der ist bei den Traditionen. Nicht bei der Technokratie. Nicht bei diesen Ausbeutern von Microsoft und Co, die alles mit schwarzen Anzügen, Sonnenbrillen und Excel-Tabellen kontrollieren wollen.“

Ein kurzes Grinsen huschte über sein Gesicht, dann wurde es weicher.

„Ja, Maddy ist wirklich nett. Schön, dass ihr euch kennengelernt habt. Sonst hätte ich euch eh vorgestellt. Sie ist gut darin, Leuten das Gefühl zu geben, dass sie gesehen werden.“

Mateo lehnte sich zurück, verschränkte die Arme locker.

„Und ja, Aunty ist Grace. Und Mavis—“ er betonte den Namen mit einem Hauch von Stolz, „—Mavis war ihre Schülerin. Sie ist megacool. Und ich sag dir eins…“

Er setzte eine gespielte Empörung auf, hob den Zeigefinger wie ein Dozent im Unterricht.

„Sie ist nicht nicht Level 15. Sie ist kein Noob, der sich ein Pay4Win-Paket gekauft hat, um schnell zu leveln. Die ist mindestens Level 30. Mindestens.“

Ein kurzes Lachen, dann ein neugieriger Blick zu Press.

„Und wo ist deiner so gelevelt? Ich mein… Emerald klingt nicht nach Tutorial-Modus.“

[Presston Caldwell]

„Neee…“, Press grinste, hob abwehrend die Hände. „Nicht Genshin-Impact-Level.“
Er lächelte, wippte mit dem Fuß. „Eher so D&D-Level.“

Er zeichnete mit zwei Fingern eine kleine Stufenleiter in die Luft. „Das ist so Halbgott-Level.“
Er schüttelte den Kopf, tippte sich an die Schläfe. „’Ne Technokratie ist er nicht.“
Kurzer Blick zur Seite, dann ein Schulterzucken.

„Virtuelle Adepten. Keine Ahnung…“ Er spreizte die Hände. „Welche Traditionen gibt es denn?“

Press rieb sich den Nacken, der Blick kurz zur Seite.

„Er meinte…“, er kreiste mit einem Finger in der Luft.

„Jemand von der Technokratie hat mich bemerkt, als ich versucht hab, den Engel zu grillen.“

[Mateo]

Mateo zuckte zusammen.

„Oh fuck.“

Er blickte kurz nach oben, murmelte ein leises „Sorry“, als hätte er gerade jemanden gestört, den man besser nicht stört. Dann sah er wieder zu Press, die Stirn leicht gerunzelt.

„Echt jetzt? Jemand von der Technokratie hat dich entdeckt?“

Er schüttelte den Kopf, als müsste er die Vorstellung abschütteln.

„Das ist richtig Mist. Die Sonnenbrillen sind die Reinkarnation von Agent Smith. Und genauso gefährlich. So End Gegner Level. Nur dass wir weder so gut aussehen wie Keanu Reeves noch so krass sind.“

Ein schiefes Grinsen huschte über sein Gesicht, aber es hielt nicht lange.

„Ich weiß nicht viel darüber. Nur die Namen und so ’ne grobe Beschreibung. Also… es gibt die Bruderschaft Akashas – die machen Magie mit Kampfkünsten, so Kung-Fu-mäßig. Dann den Himmlischen Chor, da bin ich drin. Wir ziehen unsere Magie aus dem Glauben. Aus Licht, aus Klang, aus… Vertrauen.“

Er zählte leise weiter, fast wie ein Ritual.

„Die Euthanatos – Todesmagier, ziemlich düster. Der Kult der Ekstase, die wirken mit Exzessen und Sünde, spielen mit dem Feuer, und mehr als einer ist dabei schon in dunkle Abgründe abgeglitten. Dann die Söhne des Äthers – so Frankenstein-Wissenschaftler, die mit verrückten Maschinen Magie machen.“

Mateo hob die Finger weiter.

„Die Traumsprecher – Medizinmänner, Geisterbeschwörer. Die Verbena – Naturmagier, Druiden. Und dann… die Virtuellen Adepten. Magische Hacker. Matrixmagier. Die sind wie… Neo mit einem Linux-Kernel.“

Ein kurzes Lachen, dann wurde er wieder ernst.

„Die Söhne des Äthers und die Virtuellen Adepten haben sich wohl irgendwann von der Technokratie abgespalten. So ein Darth-Vader-Episode-6-Move. Nur ohne Machtblitze. Dafür mit Code und Chaos.“

Er sah Press an, ein wenig nachdenklich.

„Wenn Emerald zu den Adepten gehört, dann ist er auf der hellen Seite. Aber wenn die Technokratie dich bemerkt hat… dann wird’s ungemütlich. Die mögen keine freien Geister. Und schon gar keine, die sich in ihre Systeme schleichen.“

Mateo schwieg einen Moment.

„Wir sollten aufpassen. Wenn die Sonnenbrillen schon gucken, dann ist das Spiel vielleicht größer, als wir dachten.“

[Presston Caldwell]

Press runzelte die Stirn.
Immer wenn er so etwas fragte, warf Mateo mit einem Haufen Fachbegriffe um sich.

Aber er war ja nicht besser.
Wenn man ihn was Technisches fragte, vergaß er auch dauernd seinen Gegenüber.

Also versuchte er sich so viel wie möglich zu merken.

„Jo, ist nicht gut, Emerald meinte, sie hätten die Spuren verwischt.
Denke mal, wenn er nicht dran glauben würde, hätter mich nicht kontaktiert.“

Er zuckte mit den Schultern.

„Wenn ich ehrlich bin, hab ich vor den Technofritzen weniger Angst als vor dem Engel.
Am Rechner kann ich mich wenigstens wehren.
Aber dieses Engelbiest war wirklich fies.“

Dann machte er eine Pause.

„Aber du erklärst mir schon wieder die Welt.
Du hast doch gesagt ich kann dir bei was helfen?“