Ein Traum von Kaffee [Madison, H.-H.]

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H.-H. Skolem
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Ein Traum von Kaffee [Madison, H.-H.]

Beitrag von H.-H. Skolem »

Gedankenverloren läuft er durch die Straßen. Scheint nicht recht zu wissen, wohin er eigentlich will. Seine Augen mögen vieles sehen, doch mit Sicherheit nicht das, was um ihn herum geschieht. Und so sind es die ihm entgegen kommenden Passanten, die ausweichen, denn sie spüren instinktiv, dass dieser „Hans-guck-in-die Luft“ sie gar nicht wahrnimmt.

Als er dann doch kurz angerempelt wird, hält Skolem inne, als wäre er auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt worden – ach ja, jetzt fällt es ihm wieder ein, er ist auf dem Weg zu einer Kundin, deren Mann verstorben ist. Reflexartig greift er in seine Jacketttasche und zieht einen silbernen Flachmann hervor, schraubt ihn auf und genehmigt sich einen großen Schluck. Dann lässt er einen Tropfen aus ihm auf den Boden fallen und murmelt etwas in sich hinein.

„Ach Mist – das war jetzt dumm“ - durchfährt es ihn. „Ich kann doch nicht bei einer Kundin erscheinen und nach Whiskey duf … riechen. So bleibt er kurz stehen und schaut sich um. Fast könnte man es für einen Zufall halten, doch an Zufälle glaubt Skolem nicht. Alles geschieht aus einem guten Grund. Und der Grund, warum sich genau hier neben ihm diese Coffeebar befindet, ist offensichtlich: ein starker Espresso, und schon ist jeder Anflug schlechten Atems Geschichte.

Das dunkelgrüne Holz, die Glasfenster, das Interieur – dieses Kaffeehaus sieht fast aus, wie ein Irish Pub. - und das kann noch weniger Zufall sein. So überlegt er nicht lange, tritt durch die Tür und hört ein helles Glöckchen klingeln. Für einen Moment, winzig, kurz, und doch merkbar, erstarrt er. Dann rafft er die Schultern und geht auf die Theke zu.

„Guten Morgen“ lächelt er die junge Dame hinter der Theke an. „Ob ich wohl einen doppelten Espresso bekommen könnte?“

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Madison Reid
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Re: Ein Traum von Kaffee [Madison, H.-H.]

Beitrag von Madison Reid »

Maddy sah zu dem neuen Gast auf. Sie lächelte freundlich und das war auch im ihrer Stimme zu hören.

"Aber natürlich! Möchten Sie ihn hier trinken oder mitnehmen?"

Maddy trug wie immer eine Latzhose unter ihrer grünen Schürze, dieses Mal war es eine Blaue. Eine goldene lange Kette verschwand unter einem pinken TShirt. Sie trug einen lässigen Pferdeschwanz und trug heute keinen anderen Schmuck.

Das Kaffee war gut besucht und es war nur ein Barhocker direkt an der Theke frei.

"Möchten Sie noch etwas zu Ihrem Kaffee dazu? "
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H.-H. Skolem
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Re: Ein Traum von Kaffee [Madison, H.-H.]

Beitrag von H.-H. Skolem »

"Wenn es Ihnen nichts ausmacht, setze ich mich gerne für einen kurzen Moment" und Skolem deutet auf den letzten freien Hocker an der Theke.

"Und - nein Danke, für den Moment genügt der Espresso. Aber sagen Sie" - er klopft leicht seine Jacketttasche ab (die ohne den Flachmann), scheint dort etwas zu vermissen - "verkaufen Sie vielleicht auch Kekse zum mitnehmen?"

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Madison Reid
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Re: Ein Traum von Kaffee [Madison, H.-H.]

Beitrag von Madison Reid »

"Aber natürlich! Warten Sie! Ich nehme das hier nur kurz zur Seite." Maddy ging zwei Schritte hinüber zur Theke und nahm eine Vase mit einem wunderschönen Blumenstrauß hoch. Sie lächelte, als sie die Blumen betrachtete und suchte schnell einen neuen Platz dafür.

Während der Mann Platz nahm, bereitete Maddy den Espresso zu und bevor sie die kleine Tasse vor den neuen Gast stellte, legte sie einen kleinen Keks in Form eines Ahornblattes auf die Untertasse. Der Keks war mit orange-rotem Zuckerguss verziert und war fast schon zu schade zum essen.

Auf die Frage nach den Keksen, sah sie kurz zur Vitrine und nickte dann. "Ich kann ihnen gerne ein paar einpacken, wenn Sie mir sagen, welche sie mögen. Sie haben Glück. Wir haben nicht jeden Tag Kekse im Angebot." Maddy lächelte ihn freundlich an. "Sie sind heute das erste Mal bei uns, richtig?"
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H.-H. Skolem
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Re: Ein Traum von Kaffee [Madison, H.-H.]

Beitrag von H.-H. Skolem »

Skolem wirft einen langen Blick auf den Keks, der da auf der Untertasse seines Espressos liegt. Etwas so liebevolles und filigranes hat er schon lange nicht gesehen. Und das bei Gebäck, welches so schnell verputzt ist. <<Hier liebt jemand, was sie tut>> denkt er sich.
Er nimmt den Keks in die Hand, betrachtet ihn noch einmal von allen Seiten. "Der sieht ja zauberhaft aus. Haben Sie diese Kekse selbst gemacht?"

Ein weiterer Gedanke mischt sich unter die bisherigen: <<Ich sollte diese Kekse bei Kundengesprächen im Laden anbieten. Etwas so Schönes zu sehen und zu genießen erhöht mit Sicherheit auch die Bereitschaft der Kunden, einen der teureren und edleren Särge zu kaufen.>>

Er beißt ein Stück ab, lässt es im Mund zergehen, schließt dabei die Augen und genießt den herrlich köstlichen Geschmack. Ein leises "hmmm" entfährt ihm, zusammen mit einem glücklichen Grinsen. Dann wendet er sich an Madison: "Sehr gerne ein paar von diesen hier, die sind wahrlich phantastisch. Und dazu, falls sie so etwas einfaches überhaupt vorrätig haben, gerne noch ein paar ältere und trockene."

Er trinkt einen Schluck Espresso, isst den restlichen Keks. "Und ja, in der Tat. Ich bin zum ersten Mal hier. Ich bin erst vor wenigen Wochen nach Seattle gekommen und immer noch dabei, mich einzuleben. Das ein oder andere zu entdecken, neue Menschen kennenzulernen, das Übliche halt, wenn man quasi neu in einer solch großen Stadt ist."

Er leert den Espresso mit einem letzten Zug, stellt die Tasse sachte zurück auf die Untertasse und lächelt die Frau vor ihm warm an. "Wie steht es bei Ihnen? Führen Sie das Geschäft schon länger?"

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Madison Reid
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Re: Ein Traum von Kaffee [Madison, H.-H.]

Beitrag von Madison Reid »

„Ältere und trockene?“ Irritiert sah sie zuerst hinüber zu dem Mann und dann zu einer der Vitrinen. Sie runzelte die Stirn. „Ähmm…..“ Ihr war anzusehen, dass sie mit sich haderte. „…. Die Vortagsbackwaren bringe ich immer ins Bailey-Boushay House…“

Aber schnell waren die Falten auf ihrer Stirn verschwunden, das Lächeln wurde wieder breiter und Maddy verschwand in der Küche. Kurz darauf kam sie mit einer braunen Papiertüte zurück und stellte sie vor dem neuen Gast auf den Tresen. „Bitte, nehmen Sie sie! Ich backe gleich sowieso noch Schokokekse.“ Sie winkte ab. „Dann mach ich einfach noch ein Blech mehr.“

Maddy nickte entschuldigend zur Tüte „Es sind aber nur ganz normale Mürbeteigplätzchen ohne Verzierung von vorgestern“ während sie hinüber zur Vitrine ging um ihm einige der heutigen Kekse in eine kleine Papiertüte zu legen.

Auf seine letzte Frage antwortete sie: „Länger ist relativ. Ich habe erst vor knapp einem Jahr geöffnet.“ Sie sah zu ihm hinüber. „Ich wollte eigentlich immer die Welt bereisen und etwas entdecken. Aber irgendwie fühle ich mich hier am wohlsten.“ Sie zwinkerte ihm frech zu. „Vielleicht gibt es ja auch etwas, dass mich hier an Ort und Stelle halten will.“ Nachdem sie die kleinere Tüte ebenfalls vor dem Mann abgestellt hatte, widmete sie sich einer nächsten Bestellung. „Und wenn es nur mein Café ist.“ Sie lachte. „Ich hätte aber auch im Moment gar keine Zeit und Kraft Seattle zu verlassen. Das Auntys spannt mich schon gut ein.“ Beim letzten Satz versank Maddy kurz in Gedanken und lächelte dann aber dankbar. „Seattle wird ihnen auch ans Herz wachsen, sie werden schon sehen. Geben sie ihr ein bisschen Zeit. Ich bin übrigens Maddy und freue mich sehr, dass sie ihr Weg heute in unser Café gebracht hat.“
Zuerst Kaffee. Die Welt retten wir später. (C.George)

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H.-H. Skolem
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Re: Ein Traum von Kaffee [Madison, H.-H.]

Beitrag von H.-H. Skolem »

Skolem nimmt die Tüte entgegen und wirft einen kurzen Blick hinein. Diese einfachen Mürbekekse sind genau das, was er braucht. „Die sind perfekt“ - und ein erfreutes Lächeln macht sich auf seinen Lippen breit - „haben Sie ganz herzlichen Dank, Miss Maddy. Aber da ich nun in einem gewissen Erkenntnisvorsprung bin, mag ich mich natürlich auch gerne vorstellen. Mein Name ist Skolem – vom Bestattungshaus Skolem.“ Während er noch die letzten Worte spricht, greift er in seine Hosentasche, zieht ein silbernes Visitenkartenetui heraus und reicht Maddy eine der Karten daraus. „Ich hoffe natürlich nicht, dass es akut ist, aber für den Fall der Fälle haben Sie so zumindest meine Kontaktdaten.“

Skolem verstaut das Etui zurück in seiner Hose, die Kekstüte jedoch stellt er vor sich auf den Tresen. Fast schon ehrfurchtsvoll rückt er sie zurecht und Maddy spürt, dass diese Kekse von vorgestern für ihn wohl eine deutlich tiefere Bedeutung haben als nur trockenes Gebäck zu sein. Danach fährt er fort:

„Ganz neu bin ich tatsächlich nicht in der Stadt. Ich bin hier geboren worden und aufgewachsen. Allerdings war ich seit ca. 20 Jahren nicht mehr hier – daher ist es doch fast so, als würde ich eine völlig fremde Stadt neu erkunden müssen.“

Er legt den Kopf kurz schief, richtet dann jedoch seinen Blick wieder auf Maddy, schaut ihr direkt in die Augen. Ein wenig mag es sich so anfühlen, als würde Skolem ihr direkt in die Seele blicken. „Wenn Sie trotz Ihres Traumes, in die Welt hinaus zu ziehen, noch hier sind, gibt es einen guten Grund dafür. Der mag Ihnen vielleicht jetzt noch nicht bewusst sein, aber er wird sich bei Zeiten offenbaren.“

Daraufhin löst Skolem den Blick in Maddys Augen und drapiert die zweite Kekstüte parallel zur ersten. „Und sei es auch nur der Grund, einem völlig Fremden seinen Tag etwas zu erhellen, indem Sie ihm ein paar Kekse verkaufen.“ Er lächelt sie an – warm, offen, freundlich. „Was schulde ich Ihnen eigentlich?“

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