Die Nacht war still, nur das leise Summen der Straßenlaterne vor dem Fenster erinnerte daran, dass die Welt draußen weiterlief. Mateo saß auf dem Boden seines Zimmers, die Beine gekreuzt, die Hände auf den Knien. Er erinnerte sich an Adrian. An die Trauer, die er gespürt hatte, als dieser von seiner Familie sprach. Wenn Mateo doch nur Menschen heilen könnte. Wenn er doch nur Adrian helfen könnte.
Mateo griff nach dem Karambit, das er eigentlich immer bei sich trug. Eine Bewegung und die Klinge klappte aus. Die Klinge glitzerte im fahlen Licht, doch man konnte sehen, dass sie scharf war. Nie hatte sie Blut gesehen und heute ist es das erste Mal. Nie hätte Mateo gedacht, dass das erste Blut, dass die Klinge kosten würde, sein eigenes wäre. Mit ruhiger Hand setzte er sie an den Finger, zog sie langsam über die Haut. Kein Schnitt, der schreit – nur ein feiner Riss, aus dem das Blut trat wie ein Gedanke, der sich endlich zeigt.
Er spürte den Schmerz. Begrüßte ihn, wie einen alten Freund. Schmerz gehört zum Leben.
Das Blut tropfte auf den Boden, dunkel und warm. Mateo schloss die Augen.
Er konzentrierte sich. Auf die Wunde. Auf das Pochen unter der Haut. Auf das Leben, das sich in ihm bewegte, auch wenn er es oft vergessen hatte. Versuchte seine Magick darauf zu onzentrieren. Spürte, wie seine Sinne die Feinheiten des Schnitts, das Blut, das Pochen, den Puls des Lebsns wahrnahm.
Doch es war nicht genug, um die Wunde zu Heilen. Und so versuchte er sich zu erinnern.
An das Erwachen.
An den Moment, als alles Licht und Klang war.
Als sein Avatar ihn berührt hatte – nicht mit Worten, sondern mit Wahrheit.
Damals hatte er sich selbst geheilt. Nicht mit Technik. Nicht mit Wissen. Sondern mit Glauben. Das Lied Gottes drang durch seine Poren. Sein sterbender Puls wurde eins mit dem Takt des Liedes.
Seitdem war es still geworden. Die Magie war da, aber fern.
Jetzt versuchte er, sie zurückzurufen. Die Erinnerung. Das Gefühl. Den Glauben. Die Heilung.
Er spürte das Gewebe unter der Haut, die Zellen, die sich teilten, die Flüssigkeit, die sich verteilte. Er spürte, wie der Schmerz sich ausbreitete – nicht um ihn zu brechen, sondern um ihn zu erinnern.
Ein Licht flackerte in ihm auf. Kein Feuerwerk. Kein Blitz. Nur ein leises Glimmen. Die Wunde hörte nicht auf zu bluten. Aber sie wurde ruhiger. Der Schmerz wurde leiser. Zumindest glaubte er das. Und war Glaube nicht nicht Grundlage seiner Magick?
Mateo öffnete die Augen.
Er hatte sich nicht geheilt. Noch nicht. Aber er hatte etwas gespürt. Oder glaubte etwas zu spüren.