"Oya, Windherrin, öffne die Pforte zwischen den Welten.
Baron Samedi, Totenkönig, zeige mir, was kommen mag.
Papa Legba, Hüter der Kreuzungen, offenbare mir meine Mission.
Ich rufe Euch, Loa, auf dass ihr meine Worte tragt."
Sie kniet nieder, eine kleine Holzpuppe in der Hand – mit einem Tuch aus der Wäsche ihres Mannes bekleidet, das Gesicht grob mit Kohle gezeichnet. Sie steckt eine Nadel aus Knochen durch das Herz der Puppe.
"Dies ist sein Abbild, sein Atem, sein Fleisch.
Was ihm widerfährt, geschieht auch hier."
Um sie herum liegen allerlei Voodoo-Hilfsmittel:
Ein Totenkopf aus Rinderknochen, bemalt mit rituellen Symbolen
Eine Schale mit Tierblut, das langsam in das feuchte Holz sickert
Rabenfedern, die sie in einem Dreieck ausgelegt hat
Ein Fläschchen mit Mondwasser, das sie über die Puppe träufelt
Ein zeremonieller Dolch, mit Schlangenhaut umwickelt
Zerstoßene Kräuter – Beifuß, Eisenkraut, schwarzer Salbei – die in einer Schale brennen und dicken, grünen Rauch erzeugen
Plötzlich blitzen ihre Augen auf. Sie beginnt, in einer alten Sprache zu sprechen – Kreyòl, der Sprache der Geister. Der Raum scheint zu zittern.
"Li pa gen chape!
Se pa mwen ki fè sa – se desten li!"
(Er kann dem nicht entkommen!
Es ist nicht meine Tat – es ist sein Schicksal!)
Sie wirft getrocknete Skorpionschwänze in die Flamme, die zischend auflodert. In ihrer anderen Hand hält sie ein Hahnenherz, das sie der Puppe entgegenhält.
"Zwischen Leben und Tod… du gehst einen Pfad, den ich nun lenken will."
Mit dem Dolch ritzt sie sich leicht in die Handfläche, lässt ein paar Tropfen Blut auf die Puppe fallen. Ein Beben geht durch die Erde.
Die Welt verändert sich. Als hätte Sie an einem der unsichtbaren Fäden gezupft, die das Schicksal miteinander verwebt.
Ein kalter Hauch streicht durch den Raum. Die Kerzen flackern auf.
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Lyonell lehnt an einem Baum auf dem Campus. Er wusste nicht genau, wie spät es war, obwohl er die ganze Zeit auf seine Taschenuhr starrte. Doch der Zeiger drehte sich nicht. Sie war nicht aufgezogen. Sein Blick hob sich nicht. Er wartete. Wodrauf? Auf wen? Das wusste nur das Schicksal.
Dann plötzlich neigte er sich nach vorne, als hätte er das Gleichgewicht verloren. Er stolperte von dem Baum weg und... Vor die Füße dieses bunten Mannes. Adrian. Lyonell schob seinen Zylinder hoch und musterte ihn. "Interessant..."
Seine Hand griff in den schweren Mantel, nachdem er die Ringe gerade gezogen hatte. Ein Umschlag, fest verschlossen kam empor. Diesen hält der Alte dem Jungen hin.
"Der ist wohl für dich."